69. Ulmer BetonTage
Im März fanden in Ulm die 69. BetonTage statt. Motto war diesmal: Nachhaltigkeit neu denken. Einerseits muss die Betonbauweise, so die Veranstalter:innen, weiter deutlich nachhaltiger werden: mit leichteren Konstruktionen und ressourcenschonendem Materialeinsatz. Andererseits ist die Branche so selbstbewusst, dass sie mit modernen vorgefertigten Betonbauteilen die langfristig nachhaltigste Bauweise überhaupt sein will. Und klar ist sicher inzwischen auch allen, dass sich Nachhaltigkeit nicht nur am CO2-Fußabdruck bei der Entstehung, sondern auch an der herausragenden Langlebigkeit, Energieeffizienz oder Multifunktionalität vorgefertigter Betonbauteile messen lässt.
So befasste sich eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion mit den Möglichkeiten der Planung und des Regelwerks, Nachhaltigkeit mit schlanken Lösungen neu zu denken. Zahlreiche Hersteller:innen, Startups oder Büros stellten ihre konkreten Ansätze und Vorgehensweisen vor – meist ging es doch um Klimawandel, CO2-Fußabdruck oder auch Carbon Footprint. Alle Zementhersteller:innen haben inzwischen Eco-Produkte im Angebot, bieten sogar teilweise projektspezifische EPDs an, bei denen es primär um eine möglichst günstige Ökobilanz geht.
Bei all den sichtbaren Bemühungen muss die Frage erlaubt sein: was kommt da am Ende in Summe raus an CO2-Einsparungen bei der Zement- und Betonindustrie? Mit dankenswerter Unterstützung der Baustoffindustrie haben wir ein paar Zahlen zusammengetragen. Die absoluten CO2-Emissionen, welche die Zementindustrie direkt zu verantworten hat (also die Klinkerherstellung), sind von 20 Mio. t auf 16 Mio. t pro Jahr gesunken (Bild 1). Mit Blick auf die spezifischen CO2-Emissionen der Zementindustrie fällt jedoch auf, dass diese bei knapp unter 0,60 t CO2/ t Zement eher stagnieren (Bild 1).
Um dem auf den Grund zu gehen, haben wir ein paar Werte zusammengetragen. Die absoluten CO2-Emissionen der Klinkerproduktion, Zementproduktion und das Volumen der Bauinvestition insgesamt werden mit den spezifischen CO2-Emissionen nur der Zementindustrie gegenübergestellt (Bild 2). Dabei sind die jeweiligen Referenzwerte jene für 2020 und es ist die Entwicklung seit 2020 sowie der Wert für 2012 aufgetragen.

Quellen: bbs, HDB, VDZ, DEHSt, eigene Berechnungen
Es wird ersichtlich: die sinkenden absoluten CO2-Emissionen nur der Zementindustrie haben mehr mit der rückläufigen Bauinvestition zu tun, denn mit einer progressiven Dekarbonisierung der Zementindustrie als Ganzes. Die spezifischen CO2-Emissionen nur der Zementindustrie sinken hingegen nur marginal. Allerdings scheint es so, dass heute im Vergleich zu 2012 weniger CO2-intensiver Klinker für die gleiche Menge Zement zum Einsatz kommt, also eventuell mehr alternative Bindemittel verwendet werden. Auch sind Klinker- und Zementproduktion relativ zur Bauinvestition gesunken (Bild 2). Dies kann bedeuten, dass leichter mit Beton gebaut wird, mehr alternative Bauweisen wie Holzbau zum Einsatz kommen oder dass mehr Umbau und Bestandsbau stattfinden, was i.d.R. weniger materialintensiv ist.
Bei allem, was die Zement-, Beton- und Betonbauindustrie bisher in Sachen Nachhaltigkeit erreicht hat und wie löblich sich zahlreiche Hersteller:innen und Firmen positiv hervortun- was am Ende zählt, ist das Ergebnis. Und da hat sich bisher zu wenig volkswirtschaftlich tatsächlich Messbares für das Klima getan.
Bitte Nachhaltigkeit nicht nur neu, sondern auch weiter denken und vor allem handeln.

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christian Glock – Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. phil. Dr. techn. MSc. PhD. Konrad Bergmeister – Universität für Bodenkultur, Wien
Dipl.-Ing. Gerhard Breitschaft – Präsident des Deutschen Instituts für Bautechnik, DIBt, Berlin
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Michael Haist – Vorsitzender des Deutschen Ausschuss
für Stahlbeton (DAfStb), Berlin
Quelle: BetonTage