Gebäude-Ökobilanzen

Im Lebenszyklus eines Gebäudes werden Energie und Ressourcen verbraucht. Es entstehen Abfälle und Emissionen. Die Höhe dieser Umweltwirkungen kann durch eine Gebäude-Ökobilanz ermittelt werden. Sie ist daher ein wichtiger Bestandteil der Nachhaltigkeitsbewertung von Gebäuden.

Der Gebäude-Lebenszyklus nach DIN EN 15978

Um den Lebenszyklus eines Gebäudes zu beschreiben, werden in DIN EN 15978 [1] verschiedene Lebenszyklus-Phasen definiert, die ihrerseits aus einzelnen Modulen bestehen (Bild 1).

1. Herstellphase

Der Gebäude-Lebenszyklus startet lange vor dem ersten Spatenstich auf der Baustelle. Bereits der Abbau der für die Herstellung der Baustoffe bzw. Bauprodukte erforderlichen Rohstoffe wird diesem zugeordnet (Modul A1). Diese Rohstoffe werden zu den Herstellerwerken transportiert (A2) und dort – oftmals unter hohem Energieaufwand – in verschiedene Produkte umgewandelt (A3).

2. Errichtungsphase

Nach dem Transport der fertigen Produkte zur Baustelle (Modul A4) erfolgt die Errichtung des Gebäudes (A5).

3. Nutzungsphase

Müssen Produkte während der i. d. R. mehrere Jahrzehnte überdauernden Gebäudenutzungsdauer repariert bzw. ausgetauscht werden oder benötigt ihr Betrieb Energie, wird dies ebenfalls in die Betrachtung einbezogen (Module B1–B5). Zudem wird der Nutzungsphase auch der für den Gebäudebetrieb benötigte Energiebedarf (B6) und Wasserverbrauch (B7) zugeordnet.

4. Entsorgungsphase

In die Gebäude-Ökobilanz gehen auch der Rückbau (C1) und die Nachnutzungs-Aufwendungen der Produkte (C2–C4) ein.

Modul D – Vorteile und Belastungen außerhalb der Systemgrenzen

Modul D honoriert die Kreislauffähigkeit von Baustoffen, die nach der Nutzung im Gebäude wiederverwendet oder recycelt werden können. Die hierdurch eingesparten Ressourcen werden als Gutschrift vermerkt. Gleiches gilt für die Verwertung der Verpackungsmaterialien der Bauprodukte sowie vom Gebäude abgeführte Versorgungsdienste, bspw. ins Netz eingespeister Strom.

Da Modul D gemäß Definition nicht dem eigentlichen Gebäude-Lebenszyklus angehört, wird es oftmals auch als Informationsmodul D bezeichnet.

Szenarien beschreiben den Lebenszyklus

Die Herstellphase ist üblicherweise szenariounabhängig, da alle Werte direkt auf die Referenzeinheit (z. B. kg oder m³) bezogen werden können. In den späteren Phasen spielt die konkrete Kon­struktion, z. B. ob filigran und leicht oder massiv und schwer, eine Rolle, möglicherweise auch die Fügeverfahren sowie die Bau- bzw. Rückbauweisen. Szenarioabhängige Umweltdaten sind bisher wenig verfügbar und sollten zukünftig verstärkt erstellt und berücksichtigt werden.

Berechnung der Gebäude-Ökobilanz

Im Rahmen einer Ökobilanz wird für jedes Modul ermittelt, welche Umweltwirkungen (Energiebedarf, Treibhauspotenzial etc.) ihm zuzuordnen sind. Die verbauten Massen werden mit den Umweltwirkungen eines Materials verknüpft.

Die notwendigen Umweltinformationen können spezifischen Umweltproduktdeklarationen (EPDs) oder generischen Datenbanken entnommen werden. Als Quellen dienen bspw. die Webseite des Instituts Bauen und Umwelt e. V. (http://www.ibu-epd.com) und die Datenbank ÖKOBAUDAT (www.oekobaudat.de).

Für die während des Gebäudebetriebs zu berücksichtigenden Prozesse, z. B. Strom und Wärme, beinhaltet die ÖKOBAUDAT ebenfalls Umweltdaten, die i. d. R. mit der Energiebedarfsermittlung nach DIN 18599 (GEG) verknüpft werden.

Der Detaillierungsgrad bei der Erfassung der Bauteile, die zu betrachtenden Umweltwirkungen und die genauen Rechenvorschriften unterscheiden sich je nach Bewertungssystem (z. B. DGNB-Zertifikat, QNG-Siegel usw.). Darunter fallen auch die Ergebnisdarstellung als Summe oder in einzelnen Modulen sowie der Umgang mit Modul D: Bei einigen Bewertungssystemen darf Modul D bei der Gesamtbewertung einberechnet werden, andere erlauben lediglich eine separate Darstellung des Recyclingpotenzials.

Bewertung

Um eine Aussage über die ökologische Gebäudequalität zu treffen, werden die Ergebnisse der Berechnung Referenzwerten vergleichbarer Gebäude gegenübergestellt. Je nach Bewertungs­system müssen entweder Grenzwerte eingehalten werden (z. B.: max. 24 kg CO2-Äquivalente je m² Netto-Raumfläche und Jahr) oder es erfolgt eine Punktevergabe für das Unterschreiten von Zielwerten (z. B.: 1 Punkt bei Einhalten des Referenzwerts, 10 Punkte bei Unterschreitung des Zielwerts um 50 %).

Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund steigender Klimaschutzanforderungen gewinnt die Gebäude-Ökobilanz an Bedeutung. Dies gilt insbesondere für Gebäude, die im Rahmen einer Nachhaltigkeitsbewertung beurteilt werden.

Für die Berechnung der Gebäude-Ökobilanz sind Energiebedarfsberechnungen und Mengenangaben der Bauprodukte sowie Umweltdaten aus EPDs oder der ÖKOBAUDAT erforderlich. Eine vollständige Gebäude-Ökobilanz umfasst den Ressourcenbedarf während des Betriebs sowie den ökologischen Rucksack der Bauprodukte inkl. deren Nachnutzungsphase.

Die bei der Berechnung und Bewertung anzuwendenden Regeln unterscheiden sich je nach Bewertungssystem und Zielsetzung.

Das gesamte Glossar ist zu finden unter www.nbau.org/glossar.


Literatur

  1. DIN EN 15978 (2012) Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der umweltbezogenen Qualität von Gebäuden – Berechnungs­methode. Berlin: Beuth. Ausgabe Okt. 2012.

Jobs

ähnliche Beiträge

BIM-gestützte Nachhaltigkeitsbewertung bei Brückenbauwerken

Dissertation am KIT entwickelt Workflow zur teilautomatisierten Berechnung bauwerks- und verkehrsbedingter globaler Umweltwirkungen, Lebenszykluskosten und volkswirtschaftlicher Kosten einer Brückenvariante mithilfe von BIM.

Nachhaltigkeitsmanagement und Berichterstattung in den Städten

Der Deutsche Städtetag hat einen Beschluss zu Nachhaltigkeitsmanagement und Berichterstattung in den Städten gefasst.

25. April ist Tag des Baumes

Der GREEN FOREST FUND kümmert sich um die Urwälder von morgen.