Bielefelder Botschaften
Am 10. April 2025 fand in Bielefeld das dritte Symposium Nachhaltige Europäische Bauwende unter dem Motto Transformation umsetzen statt. Das Symposium bringt Fachleute aus Architektur, Bauwirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammen, um innovative Ansätze für eine nachhaltige und sozial inklusive Baukultur zu diskutieren. Das Wissen für eine nachhaltige europäische Bauwende ist weitgehend vorhanden. Worum es nun geht, ist die Transformation umzusetzen, endlich ins Handeln zu kommen. Dazu wurden aus sehr verschiedenen Perspektiven Themen wie nachhaltige Baupraktiken und deren Beitrag zur Klimawende, innovative Technologien für eine ressourcenschonende Zukunft, soziale Inklusion in der Stadt- und Projektentwicklung oder politische Strategien, die den Wandel aktiv fördern, betrachtet und diskutiert.
Veranstaltet wurde das Symposium wieder gemeinsam von Schüco International, den AACHEN BULDING EXPERTS sowie der Fachzeitschrift nbau. Nachhaltig Bauen.
In einem Impuls aus der Politik plädierte eingangs NRW-Baustaatssekretär Daniel Sieveke dafür, bei der Transformation der Bauwirtschaft nicht die perfekte, sondern die machbare Lösung anzustreben und zu schauen, das am Ende auch Geld verdient werde. In NRW gebe es viele Herausforderungen wie Wohnraum, Bauflächen oder Recycling, die gezielt angegangen werden. Nachhaltig zu bauen bedeute aber nicht unbedingt auch teuer zu bauen. Und wir müssen unsere bestehenden Gebäude möglichst lange erhalten und in die Zukunft führen, indem wir Instandsetzen und Umbauen. Dabei könnten wir auch mal zu den Nachbarn in Europa schauen, was die so Gutes machen. Und manchmal müssen wir einfach machen und auch eine Kultur des Scheiterns zulassen. All das gehe nicht gegeneinander, sondern miteinander. Den Diskurs müssen wir trotzdem aushalten.

Quelle: Stallkamp/Schüco

Quelle: Stallkamp/Schüco
Der erste Themenblock drehte sich um Planen & Bauen und begann mit einem Impuls von Brüninghoff CEO Frank Steffens: Kreislauffähigkeit als neuer Standard – Zirkuläre Produkte im praktischen Einsatz. Öffentliche Ausschreibungen seien für Generalunternehmer in NRW bereits einfacher und attraktiver geworden, aber wir müssen weiter an Lösungen für die Zukunft arbeiten. Das bedeute Individualisierung, Nachhaltigkeit, Vorfertigung und Kreislauffähigkeit. Moderne Bausysteme brauchen eine hohe Flexibilität – darum gehe Serielles Bauen an der Praxis vorbei. Dem folgte Joschua Gosslar, der zusammen mit Prof. Harald Kloft von der TU Braunschweig einen Impuls vorbereitet hatte: Vom Bauprozess aus zirkulär denken – Die Baustelle als temporäre digitale Fabrik. Um mit weniger Material mehr zu bauen, seien digitale Bautechnologien der Schlüssel. Dazu wurden Beispiele gezeigt zum Lehmbau mit Robotik oder zur Wiederverwendung von Betonfertigteilen. Viele Materialien seien bereits vor Ort verfügbar, wir müssten nur lernen, mit Hilfe digitaler Methoden individuell damit umzugehen.

Im zweiten Themenblock ging es um Trends & Globalisierung mit TrendscoutRaphael Gielgen von Vitra und der Frage, warum gute Architektur keine Denkmäler braucht. Überall gebe es Standardgebäude, die aus einer Zeit kommen, in der Ressourcen keine Rolle spielten, so Gielgen. Heute mache Robotik riesige Fortschritte, so dass wir bald ganz anders bauen können. Durch die Fähigkeit zur Ergänzung fehlender Informationen sei KI als aktives Tool dabei die entscheidende Superpower. Dann folgte die Expertin für Handelspolitik Prof. Katharina Erhardt vonder Universität Düsseldorf mit dem Impuls: Globalisierung im Wandel: Herausforderungen und Perspektiven. Nach den ersten beiden Wellen der Globalisierung hätten wir jetzt seit der Finanzkrise eine Slowbalisation. Die Einstellung zur Globalisierung sei kritisch bis negativ geworden, weil diese den Kuchen zwar größer mache, aber auch neu verteile. Handelspolitik sei auch Geopolitik und üblicherweise ein Nullsummenspiel: Alles, was meinem Gegner schadet, hilft mir. Aber bei einem ausgewachsenen Handelskrieg verlören alle, manche mehr, andere weniger.
Dr. Katharina Erhardt, Professorin für Wirtschaftspolitik, insb. Handels- und Wettbewerbspolitik am Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Quelle: Stallkamp/Schüco
Mit einem Impuls aus der Industrie ging Schüco Chef Andreas Engelhardt auf die aktuelle Lage ein. Mit dem Koalitionsvertrag sei er zufrieden, weil dieser für die Bauindustrie ein großer Impuls sein könne. Von Deutschland gehe noch immer eine Signalwirkung aus. Darum bräuchten wir Unternehmer, Politik und Wissenschaft, um gemeinsam Nachhaltigkeit zu gestalten und die Ängste bei der KI zu überwinden. Schüco will trotz der mit dem Omnibusverfahren reduzierten Nachhaltigkeitsziele der EU die eigenen nicht zurücknehmen und weiterhin bis 2040 Net Zero erreichen. Unternehmen müssten sich immer Weiterentwickeln, ohne die Grundwerte infrage zu stellen.
Der dritte Themenblock handelte von Kommune, Politik & Verwaltung und begann mit dem Bielefelder Umwelt-Dezernent Martin Adamski: Nachhaltig heute für morgen – wie kann zukunftsgerechte Stadtentwicklung gelingen. In Berlin würden die Rahmenbedingungen gesetzt, die in den Kommunen umgesetzt werden. Bielefeld wolle bis 2030 klimaneutral werden, doch noch lägen Wunsch und Wirklichkeit auseinander. Die Kernthemen seien Bauen und Sanieren, erneuerbare Energien, Mobilität, Ressourcen. Die kommunale Wärmeplanung sei dabei ein wichtiger Baustein, genauso wie der Umbau der Altstadt zur Schwammstadt. Dem folgte der Viersener Landrat Dr. Andreas Coenen: Der ewige Kreis – Kreislaufwirtschaft und nachhaltiges Bauen. Klimaschutz und Klimaanpassung seien zentrale Aufgaben des Kreises, der mit seinen Gebäuden eine Vorbildfunktion hat. Gleichzeitig seien diese auch der Hebel, für eine klimaneutrale Kreisverwaltung. Das neue Kreisarchiv stelle dabei sicher das Leuchtturmprojekt dar. Zukünftig erfolgen alle Neubauten und Sanierungen des Kreises nach den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens.
Der dritte Themenblock Architektur & Zukunftsszenarien begann mit Nils Fischer, Director bei Zaha Hadid Architects: KI im Entwurfsprozess: Praxis, Zukunft, Chancen, Risiken. Mit KI könnten schöne, aber häufig nicht baubare Gebäude entworfen werden. Aber KI könne beim Design assistieren, Lücken füllen, wenn es bereits ein realistisches Gebäudeensemble gibt. So könnten verschiedene Optionen durchgespielt, Videos schnell und günstig erstellt werden. Das sei ein erheblicher Effizienzgewinn. Dem folgte Hanna Rammig, Partnerin bei Scenario Management International AG: Radikale Kompromisse – was wir für einen Aufbruch zu Neuen Horizonten brauchen. Damit war insbesondere gemeint, statt in die Vergangenheit in die Zukunft zu blicken und die sich immer schneller durchsetzenden digitalen Dienste auch zu nutzen.
In der Schlussdiskussion Transformation umsetzen! mit nbau Chefredakteur Dr. Bernhard Hauke sowie Frank Steffens, Prof. Katharina Erhardt, Dr. Andreas Coenen und Nils Fischer herrschte Einigkeit, dass zahlreiche vielversprechende Beispiele und Ansätze vorgestellt wurden. Jetzt sind alle Akteur:innen gefragt; Kommunen, Planende, Firmen und nicht zuletzt die große Politik mit verbesserten Randbedingungen. Dabei muss nicht immer alles perfekt sein. Es kann auch mal die vermeintlich zweitbeste Lösung sein, die- vielleicht nachjustiert – am Ende sogar die beste ist.
3. NEB Symposium – Transformation umsetzen
https://schueco.ventari.de/neb2025