Projektdokumentation Bürohaus Müllerstraße Zürich
Zirkuläres Bauen ist ein populäres Schlagwort; auch Begriffe wie Wiederverwendung fallen oft in diesem Kontext. Jedoch: klar dargestellte, real umgesetzte Beispielprojekte gibt es noch nicht viele. Das Buch Neues Zirkuläres Bauen dokumentiert die Sanierung und zirkuläre Transformation des Bürohauses Müllerstraße in Zürich aus den 1980er-Jahren. Noch viel zu oft werden solche Bauten zugunsten eines Neubaus einfach abgerissen. Hier aber wurde das Gebäude erhalten und komplett saniert. Weniger die vorteilhafte CO2-Bilanz durch Erhalt der grauen Emissionen, sondern ein schonender, wertschätzender Umgang mit nahezu allen vorhandenen Materialien stand hierbei im Fokus. Diese sollten kostensparend und nachhaltig in den neuen Lebenszyklus überführt werden.
Dieser Prozess ist im Buch beschrieben und dokumentiert. Dazu gibt es sehr anschaulich gegenüber gestellte Zeichnungen und Fotos aus dem Bestand und nach der Sanierung. So wurden die Betonbrüstungen, die auch als Deckenrandüberzug fungierten, entfernt und statisch durch abgehängte Zugstäbe ersetzt, welche an einem im Dachgeschoss umlaufenden, neuen Trägerhängen. Die Betonbrüstungen wurden überwiegend als R-Gestein eingesetzt und teilweise als Sitzbänke weiterverwendet.
Die rückgebauten Elemente der Bestandsfassade aus Gussaluminium wurden gereinigt, zugeschnitten und wieder als Fassadenverkleidung sowie als charakteristische Lobbyverkleidung und Orientierungstafeln verwendet. Die geringen Reste wurden zusätzlich eingeschmolzen und zu den wenigen, noch fehlenden Fassadenelementen gegossen. Auch die vorigen Fensterelemente in zwei unterschiedlichen Formaten wurden als Deckenleuchten in den Liftlobbys wieder eingesetzt. Lediglich das Glas wurde zur Lichtbrechung einseitig sandgestrahlt.
Diese Aufzählung ließe sich mit Terrazzoplatten oder Fensterprofilen und anderen Bauteilen fortführen. Wichtiger als eine vollständige Listung scheint aber die Grundhaltung: Mit dem Bestehenden kreativ weiterarbeiten zu wollen, statt mit dem weißen Blatt neu zu planen. Genau das ist der notwendige und hier exemplarisch sehr greifbar skizzierte Paradigmenwechsel der Bauplanung.
Das Buch Neues Zirkuläres Bauen ist ein schönes Plädoyer für Weiterbauen im technischen Sinne, aber auch darüber hinaus für eine gestalterische Umbaukultur irgendwo zwischen den Gegenpolen Abriss und Konservierung. Das resultierende Bürogebäude mit deutlich verbesserten räumlichen, energetischen und raumklimatischen Qualitäten ist einerseits ein Leuchtturm für zirkuläres Bauen, aber zuvorderst ein Beispiel für diesen zeitgemäßen Architekturansatz.