Urban Mining beschreibt die systematische Rückgewinnung von Rohstoffen aus der gebauten Umwelt. Dabei werden Materialien wie Metalle, Kunststoffe, Beton oder Holz aus bestehenden Gebäuden, Infrastrukturen oder technischen Anlagen entnommen und für neue Bau- oder Produktionsprozesse genutzt. Ziel des Urban Mining ist es, die Kreislaufführung von Materialien zu stärken und dadurch natürliche Ressourcen zu schonen.
1 Urban Mining als Teil einer zirkulären Bauwirtschaft
Urban Mining umfasst sämtliche Prozesse zur Identifikation, Rückgewinnung, Aufbereitung und Rückführung von Materialien in den Wirtschaftskreislauf. Dazu gehört zunächst die systematische Erfassung der in einem spezifischen Bauwerk verbauten Materialien, etwa durch Sichtung der Bauakte und begleitende Gebäudebegehungen. Im Rückbauprozess erfolgt dann die selektive Demontage, um Materialien möglichst sortenrein zurückzugewinnen. Anschließend werden die wiedergewonnenen Stoffe z. B. durch Reinigen, Sortieren und gegebenenfalls Zerkleinern aufbereitet, bevor sie entweder direkt wiederverwendet oder als Sekundärrohstoffe für neue Produkte oder Bauwerke eingesetzt werden. Je nach Material und Verwertungspfad sind dabei verschiedene technische, wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
2 Anthropogene Lagerstätten im Gebäudebestand
Die Bedeutung des Urban Mining zur Sicherstellung der Rohstoffversorgung belegen zahlreiche Studien: Allein in Wohn- und Nichtwohngebäuden sind Schätzungen zufolge mehrere Milliarden Tonnen Baumaterialien gebunden – insbesondere mineralische Baustoffe, aber auch Metalle wie Kupfer, Aluminium und Stahl. Vor dem Hintergrund endlicher natürlicher Ressourcen, zunehmender Rohstoffpreise und steigender Abfallmengen wird die gezielte Erfassung, Trennung und erneute Nutzung dieser Materialien immer wichtiger.
Art und Menge der in Gebäuden eingesetzten Materialien variieren dabei je nach Region, Bauzeit, Gebäudetyp und weiteren Faktoren. So beeinflussten die lokale Verfügbarkeit von Baustoffen, technische Standards sowie architektonische Besonderheiten maßgeblich den Materialeinsatz der heute zurückgebauten Bauwerke. Die eingesetzten Materialien wurden allerdings in den seltensten Fällen dokumentiert. Um diese Informationslücke zu schließen, werden in verschiedenen Forschungsprojekten Methoden entwickelt, um die aus der gebauten Umwelt zurückführbaren Ressourcen zu katalogisieren und die Mengen der nutzbaren Rohstoffe zu berechnen.
3 Kreislaufgerechte Planung und Dokumentation
Im Sinne einer zukunftsgerechten und ressourceneffizienten Bauweise sollte Urban Mining bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Zum einen durch Prüfung, inwieweit wiedergewonnene Ressourcen bei Baumaßnahmen eingesetzt werden können, zum anderen, indem der Rückbau des Gebäudes bereits in der Planungsphase mitgedacht wird – auch wenn dieser Jahrzehnte in der Zukunft liegt.
Konzepte wie „Design for Disassembly“, der Einsatz sortenreiner Materialien und modulare Bauweisen leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Digitale Werkzeuge wie Gebäuderessourcenpässe, die über die gesamte Lebensdauer des Bauwerks gepflegt und ergänzt werden, vereinfachen die zukünftige Rückgewinnung der verbauten Materialien.
4 Fazit
Die Nutzung der in der gebauten Umwelt zur Verfügung stehenden Ressourcen bietet großes Potenzial für eine zukunftsfähige Bauwirtschaft. Richtig umgesetzt kann Urban Mining dazu beitragen, die Abhängigkeit von Primärrohstoffen zu verringern, Umweltbelastungen durch Rohstoffgewinnung zu minimieren und die Transformation des Bausektors in Richtung Kreislaufwirtschaft aktiv mitzugestalten.
Das gesamte Glossar ist zu finden unter www.nbau.org/glossar.