Chancen und Grenzen des neuen Bundesforschungszentrum für klimaneutrales und ressourceneffizientes Bauen  

Vom großen Wurf zur vernetzten Lösung  

Mit der Unterzeichnung des Eckpunktepapiers durch den Bund und die Länder Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg ist die Gründung des Bundesforschungszentrums für klimaneutrales und ressourceneffizientes Bauen (BFZ) beschlossen. Das Ziel klingt ambitioniert: Forschung zu CO₂-armen Baustoffen, ressourcenschonenden Bauverfahren und zirkulären Bauweisen bündeln und den Transfer in die Praxis beschleunigen. Doch die Realität ist komplexer – und kleiner als ursprünglich gedacht. 

Struktur und Standorte: Dezentral statt Leuchtturm 

Das BFZ wird als Verein gegründet, mit Sitz und Geschäftsstelle in Bautzen. Dort sollen Koordination, Governance und Öffentlichkeitsarbeit angesiedelt werden. Sachsen investiert zusätzlich bis zu 100 Millionen Euro in Infrastruktur, um Bautzen als Forschungsstandort zu stärken. Die TU Dresden bringt ihre Expertise ein, etwa über den Exzellenzcluster CARE und das UNU-FLORES-Institut. 

Weimar wird zweiter Standort. Die Weimarer Allianz aus Bauhaus-Universität, IAB und MFPA sieht darin eine Chance, ihre Kooperation auszubauen und Reallabore für den Praxistransfer zu etablieren. Baden-Württemberg setzt auf eine Landeszentrale NextBauBW mit Schwerpunkten wie Digitalisierung, Automatisierung und kreislaufgerechtes Bauen. 

Finanzierung und Zeitplan: Viel Geld, lange Wege 

Der Bund stellt für die Aufbauphase 2026 bis 2028 rund 52 Millionen Euro bereit. Danach soll eine institutionelle Förderung bis 2033 folgen. Die Länder ergänzen eigene Mittel für Infrastruktur und Pilotprojekte. Klingt solide – doch die Erfahrung zeigt: Ohne klare Prioritäten und messbare Ziele drohen Mittel in Strukturen zu versickern, statt Innovationen in die Breite zu bringen. 

Von der Vision zum Kompromiss 

Die BFZ-Entscheidung ist das Ergebnis eines langen Prozesses. Ursprünglich war ein Großforschungszentrum Lausitz Art of Building mit bis zu 1.200 Arbeitsplätzen geplant. Diese Vision scheiterte zugunsten des Deutschen Zentrums für Astrophysik in Görlitz. Was bleibt, ist ein Netzwerkmodell, das auf bestehenden Strukturen aufsetzt. Kritiker wie der Dresdner Bundestagsabgeordnete Kassem Taher Saleh sprechen von einer „abgespeckten Lösung“, die zwar realistisch sei, aber weit hinter den Erwartungen zurückbleibe. 

Fachliche Schwerpunkte: Anspruch und Wirklichkeit 

Die Themen sind klar: Materialinnovationen und Kreislaufstrategien, digitale Technologien für Sanierung und Neubau, sowie die Stärkung des Bauens im Bestand. Doch entscheidend wird sein, ob diese Schwerpunkte nicht nur in Positionspapieren stehen, sondern in konkrete Projekte münden – mit messbaren Ergebnissen wie Patenten, Normungsbeiträgen und marktfähigen Lösungen. 

Kritische Punkte: Governance und Transfer 

Vier Fragen bleiben offen: 

  1. Wie wird die Aufgabenverteilung zwischen Geschäftsstelle und Landeszentralen organisiert, um Doppelstrukturen zu vermeiden? 
  1. Welche Pilotprojekte starten 2026 – und wie wird deren Erfolg gemessen? 
  1. Wie gelingt der Transfer in den Mittelstand, der für die Bauwende entscheidend ist? 
  1. Hält die Finanzierung über 2028 hinaus, oder droht ein „Projektfriedhof“ nach der Aufbauphase? 

Realismus statt Glamour 

Das BFZ ist kein Leuchtturmprojekt, sondern ein Netzwerk. Das kann eine Stärke sein – wenn es gelingt, regionale Kompetenzen zu bündeln und den Transfer in die Praxis zu beschleunigen. Für die Branche bedeutet das: weniger große Bühne, mehr harte Arbeit an Standards, Prozessen und Skalierung. Die Chance liegt in der Nähe zur Praxis. Das Risiko: ein weiteres Gremium ohne spürbare Wirkung. 

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