Warum wir aufhören müssen, unsere Häuser wegzuwerfen

Von außen sieht es oft harmlos aus: Zuerst tauchen Bauzäune und Bagger auf, dann aber verschwindet ein ganzes Gebäude, um Platz für etwas Neues zu machen. Doch was da verschwindet, ist mehr als nur Beton und Ziegel. Es sind Erinnerungen, potenzieller Wohnraum sowie materielle Ressourcen.
In Europa wird derzeit jede Minute ein Gebäude abgerissen. Trotz Wohnungsnot, trotz Klimakrise. Häuser, Wohnungen, ganze Bürogebäude stehen leer, verfallen oder werden dem Erdboden gleichgemacht. Und das, obwohl ihr Potenzial groß ist. Statt zu erhalten, zu renovieren oder umzubauen, reißen wir lieber ab und bauen neu. Aber dieser „Neuanfang“ hat seinen Preis.
Denn der Bausektor ist ein echter Klimakiller: Rund 40 % der europäischen CO₂-Emissionen entfallen auf den Bausektor – nicht nur durch das Heizen alter Häuser, sondern vor allem durch den Neubau und die Herstellung von Baustoffen wie Zement. Letzterer allein stößt mehr CO2 aus als der weltweite Flugverkehr.
Gleichzeitig steckt die Bauwirtschaft in der Krise. Neubauten werden weniger, Bauunternehmen straucheln. Aber anstatt diese Situation als Chance zu nutzen und auf Sanierung zu setzen – also auf das, was ohnehin schon da ist –, fehlt es an politischen Anreizen und klaren Signalen. Dabei könnten wir durch kluge Sanierung nicht nur CO2 und Rohstoffe sparen, sondern auch Arbeitsplätze sichern und bezahlbaren Wohnraum schaffen.
Genau hier setzt die Initiative HouseEurope! an. Sie will den Abrisswahn auf europäischer Ebene stoppen. Mit einer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) fordert sie: Sanierung statt Spekulation. Umbauen statt wegwerfen. Erhalten statt vergessen.
Klingt nach gesundem Menschenverstand? Ist es auch. Doch um tatsächlich etwas zu bewegen, sind politische Unterstützung und der Druck der Bevölkerung notwendig. Wenn eine Million EU-Bürgerinnen und Bürger unterschreiben, muss die EU-Kommission handeln. Genau deshalb zählt hier jede Stimme. Denn klar ist: Die Häuser von gestern können die Lösung für die Probleme von morgen sein.
HouseEurope! fordert ein Recht auf Weiternutzung, gestützt auf vier zentrale Säulen:
Steuerreduzierungen
Wir fordern die Befreiung von der Mehrwertsteuer für Gebäudesanierungen und wiederverwendete Materialien, um den Renovierungsmarkt anzukurbeln und die Treibhausgasemissionen im Bausektor zu senken.
Faire Bewertungskriterien
Wir fordern verpflichtende EU-weite Standards zur Bewertung nicht nur der Risiken, sondern auch des Potenzials bestehender Gebäude. Nur so lässt sich ihr Wert erschließen und gezielt in Renovierung investieren.
Ganzheitliche Betrachtung
Wir fordern die Einführung ganzheitlicher Lebenszyklusanalysen, um den vollständigen CO₂-Fußabdruck von Gebäuden sichtbar zu machen – von der Vergangenheit bis in die Zukunft – und diesen bilanziell zu erfassen.
Förderungen
Wir fordern angemessene finanzielle Mittel zur Unterstützung von Sanierungsprojekten in ganz Europa sowie faire Marktbedingungen für den Bestand gegenüber dem Neubau auf der grünen Wiese.
Weitere Informationen: www.houseeurope.eu
Autor:innen
Architects for Future e. V., presse@architects4future.de
www.architects4future.de

