Kreative Kunstkonzepte bringen Bestandsimmobilien in Bewegung
Wenn es um nachhaltige Immobilien geht, dominieren meist technische und ökologische Fragen: Energieeffizienz, Klimaneutralität, Kreislaufprinzipien. Doch jenseits der messbaren Kennzahlen spielt etwas anderes eine zentrale Rolle – die emotionale und kulturelle Qualität eines Ortes. Erst durch sie entstehen Bindung, Identität und eine Atmosphäre, in der Menschen sich wohlfühlen und miteinander in Dialog treten.
1 Räume und Flächen neu denken – mit künstlerischer Energie
Kunst ist kein Nice-to-have, sondern ein strategisches Werkzeug der Transformation. Sie verleiht Gebäuden Charakter und kann neue Vitalität freisetzen. Gerade im Bestand, in dem Gebäude eine Geschichte tragen und Strukturen gewachsen sind, eröffnet Kunst neue Perspektiven. Sie verleiht älteren Immobilien Frische und Relevanz und belebt Flächen, die andernfalls ungenutzt blieben. Dabei geht es nicht allein um Dekoration, sondern um ein gestalterisches Statement und um die Frage, wie Atmosphäre in Räume übersetzt und der gestalterische Anschluss an Neubauten hergestellt werden kann.
Kunstkonzepte – ob Murals, Rauminstallationen, temporäre Aktionen oder partizipative Formate – werden immer ortsbezogen entwickelt. Sie schaffen Mehrwert für Nutzer, Investoren und Nachbarschaften, fördern emotionale Bindung und tragen zu einer positiven Wahrnehmung von Standorten bei. Wo Kunst präsent ist, verändert sich das Verhalten: Räume werden respektvoller genutzt, Begegnung findet häufiger statt und Orte gewinnen einen unverwechselbaren Charakter.
2 Kunst als Impuls für soziale und räumliche Erneuerung
Im Mittelpunkt des Ansatzes steht nicht die reine Dekoration, sondern die Frage: Wie kann Kunst Räume neu erlebbar machen?
Künstlerische Konzepte beleben nicht nur Fassaden und Innenhöfe, sondern sie erzeugen Standortidentität und verwandeln negative Sichtachsen in positive Kunsträume. Kunst kann soziale Werte sichtbar machen, ohne belehrend zu wirken. Sie inspiriert, vermittelt und verbindet. Gerade im urbanen Raum wird Kunst zu einem Medium, das Gemeinschaft stiftet und Räume mit Bedeutung auflädt.
KUNST RAUM KONZEPTE entwickelt Leitlinien und Bewertungsinstrumente, die künstlerische Qualität, Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Mehrwert miteinander verbinden. Statt starrer ESG-Systematik steht dabei der Mensch im Mittelpunkt. Ziel ist, durch gezielte künstlerische Impulse neue Kommunikationsräume zu schaffen und bestehende Orte wieder anschlussfähig zu machen. Ein kuratorisch geleiteter Prozess – mit klaren Zielen und Beteiligung der Nutzer – stellt sicher, dass Kunst nicht beliebig bleibt, sondern gezielt Wirkung entfaltet. Kunst wird so zum Tool für Transformation: Sie vermittelt zwischen den Bedürfnissen von Eigentümern, Entwicklern und Öffentlichkeit.
3 Erfahrbare Kunst – wenn Gebäude Emotion zeigen
Kunst ist nicht Beiwerk, sondern Motor. Wird sie erlebbar, nicht nur betrachtbar mit Formaten wie Public Artoder immersiven Installationen, sind die Mehrwerte Inspiration, Atmosphäre, Interaktion.
Ein eindrucksvolles Beispiel ist die Installation „Cosmic Clouding“ von Tatjana Busch (Bild 1). Sie verwandelt den Innenhof der Neuentwicklung in ein atmosphärisches Lichterlebnis, indem der Sonnenuntergang als kollektiver Moment erfahrbar wird. So entsteht eine emotionale Aufladung, die weit über das reine Sehen hinausgeht. Der Innenhof vermittelt nun selbst an grauen Tagen Wärme und Atmosphäre, fördert das Wohlbefinden und schafft Aufenthaltsqualität.
4 Kunst als Werttreiber im Bestand
Leerstände, vorsichtige Nachfrage, veränderte Arbeitswelten – die Immobilienbranche steht vor strukturellen Veränderungen und sucht nach neuen Ideen. Kunst bietet hier eine kosteneffiziente und zugleich identitätsstiftende Lösung. Wenn Sanierung wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ist oder ESG-Kriterien schwer erfüllbar sind, kann Kunst eine alternative Form der Aufwertung bieten. Kunst kann Gebäude revitalisieren, bevor ein Umbau überhaupt beginnt.
Künstlerische Strategien ermöglichen es, Orte neu zu erzählen und Relevanz zu verleihen. Statt teurer Umbaumaßnahmen entsteht Identität durch kreative Nutzung, Kommunikation und Inszenierung.
Deutlich wird das am Kunstprojekt für den Bestand GoHa 20 in Köln: Durch das Zusammenspiel aus Kunst, kuratierter Möblierung und Lichtgestaltung entstand ein lebendiger Eingangsbereich. Die Rauminstallation „Rendezvous“ von Heike Weber, Walter Eul und Moto Waganari (Bild 2) transformiert die zuvor ungenutzte Fläche im Eingangsbereich zum lebendigen Treffpunkt. Ein Ort, der zuvor leer stand, wurde zum Mittelpunkt – sichtbar, offen, inspirierend und nutzbar.
Gleichzeitig profitieren die Arbeitsplätze der Nutzer von der Installation. Die Rauminstallation bietet auf jeder Etage einen positiven, optischen Reiz und offeriert auf den Verbindungsbrücken Gesprächseinstiege.
5 Campusgefühl – Neubau und Bestand verbunden durch roten Kunstfaden
Der Bürocampus COCO verbindet Neubauten und Revitalisierung, ein spannendes Kunstkonzept verbindet die Flächen mittels des durchgängigen Kunstkonzepts „Anamorph“, ein Dialog zwischen dem KünstlerkollektivTape ThatundJohannes Leidenberger (Bild 3). Die Verbindung von Tape Art und Skulptur zu einem dynamischen Ensemble bereichert die Eingangsbereiche und das Hauptfoyer. Jeder Bereich ist individuell und ortsbezogen unter dem gesamtkünstlerischen Konzept entwickelt und mit dem gestalterischen Konzept von Kitzig Design Studios abgestimmt worden.
Der Außenbereich profitiert durch das von Mr. June (2022) gestaltete Parkhaus mit einem großflächigen Mural und rundet das Campusgefühl für die Nutzer ab. Im Inneren fungiert das Urban-Art-Konzept auch als Leitsystem und lässt dem Unort-Charakter keine Chance. Ein starkes Statement für eine gelungene Entwicklung.
6 Funktionsbauten – Kunst macht Standortidentität sichtbar
Kunst kann Chancen zurückbringen, wenn die Funktion aneckt. Funktionsbauten wie Logistikhallen und Rechenzentren sorgen bisweilen im Stadtbild und in der Umgebung für Unmut. Kunst erobert verlorene Sichtachsen zurück. In Duisburg konnte ein Konzept mit XXL-Kunstdrucken die verlorene Sichtachse zur Natur und Kunst nicht wiederherstellen. Ihre Chance bestand darin, die Flächen in neue Sichtachsen zu transformieren und Standortidentität zu schaffen. Die Murals der Künstlergruppe Innerfields (Bild 4) sind lesbare Emotionen und Verbundenheit der Region mit ihrer Geschichte. Die Sichtbarkeit der Menschen, die in der Stahlindustrie arbeiten, weckt die Verbundenheit. Bäume und Phönix symbolisieren die Zukunft und die Herausforderungen der Industrie. Die Flächen konnten so aktiviert werden.
7 Kunst und Baukultur – Verantwortung neu verstehen
Während ESG-Systeme die Nachhaltigkeitsdebatte prägen, bleibt das „S“ liegen und Kunst wird als Chance übersehen. Der Mangel an Messbarkeit hält Entscheider zurück. Die langfristigen, positiven Signale werden übersehen.
Das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) des Bundesministeriums für Wohnen erkennt Kunst am Bau ausdrücklich als Bestandteil der Bauherrenverantwortung an. Hier zeigt sich: Gestalterische Qualität ist Teil nachhaltiger Entwicklung. Diese Haltung gilt es zu stärken. Kunst kann zur DNA eines Projekts werden, als verbindendes Element zwischen Architektur, Nutzung und öffentlichem Raum [1]. Auch im Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung von Organisationen (DIN ISO 26000) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales [2] wird der positive Effekt von Kunst beschrieben.
Kunst wirkt subtil – sie lässt sich nicht in Quadratmeterpreisen messen, wohl aber in Zufriedenheit, Identifikation und Akzeptanz. Studien belegen, dass Kunst das Wohlbefinden stärkt, Motivation und soziale Bindung fördert und sogar die neuronale Aktivität positiv beeinflusst.
In Zeiten, in denen Städte neue Narrative brauchen, ist Kunst nicht nur Zierde, sondern Strategie. Sie macht Wandel sichtbar, vermittelt Identität und bringt Mensch und Raum in Resonanz.
8 Fazit: Kunst als Zukunftskompetenz
Kunst schafft Anschluss – für Menschen, Immobilien und ganze Stadtteile. Als Impulsgeber, der Räume wieder lebendig macht, soziale Dynamik entfacht und Orte mit Identität füllt, sollte sie nicht übersehen werden.
KUNST RAUM KONZEPTE begleitet als Partner den Projektprozess von der zielgerichteten, konzeptionellen Entwicklung über die kuratorische Basis bis hin zur Vermittlungsarbeit zwischen den beteiligten Akteuren. So entsteht ein balancierter Dialog zwischen Kunst, Ort und Nutzerinteressen, der nachhaltige Wirkung entfalten kann.
Städte und Immobilien stehen heute für mehr als Nutzung und Wert. Sie sind Lebensräume, Kommunikationsorte, kulturelle Marker. Im Zusammenspiel mit nachhaltigem Denken bildet Kunst eine Brücke zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur.
Literatur
- BBSR (2025) Startseite BNB – Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB)[online]. Berlin: BBSR.https://www.bnb-achhaltigesbauen.de [Zugriff am: 21. August 2025]
- BMAS (2012) Die DIN ISO 26000 „Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung von Organisationen“[online]. Berlin: BMAS.https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/a395-csr-din-26000.html [Zugriff am: 21. August 2025]
Autor:innen
Dirk Monreal
Yvonne Greitemann
info@kunst-raum-konzepte.de
KUNST RAUM KONZEPTE Dirk Monreal, Bonn
www.kunst-raum-konzepte.de


















