Effiziente Nutzung bestehender Wohnraumreserven durch soziale Wohnraumvermittlung als Alternative zum Neubau
In Baden-Württemberg herrscht ein erheblicher Mangel an bezahlbarem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf. Neubauprojekte können diesen Bedarf weder kurzfristig noch kosteneffizient decken, da Baukosten und Mietpreise stark gestiegen sind und die Zahl der Baugenehmigungen drastisch zurückgeht. Auch der soziale Wohnungsbau ist teuer und reicht nicht aus, um die Versorgungslücke zu schließen.
Das Konzeptpapier von Wohnwendeökonom Daniel Furhop stellt daher die Mobilisierung „unsichtbaren Wohnraums“ als Alternative vor. Darunter versteht man bereits vorhandene, aber ungenutzte oder teilweise genutzte Wohnungen, wie leerstehende Einheiten oder Einliegerwohnungen. Durch Modelle wie Homeshare, Umbauten, gemeinschaftliches Wohnen und vor allem die soziale Wohnraumvermittlung können diese Reserven aktiviert werden. Das Potenzial wird für Baden-Württemberg auf rund 13.500 zusätzliche Wohnungen pro Jahr geschätzt.
Ein zentrales Instrument ist das Modell Sicheres Vermieten, das Eigentümer:innen durch Mietgarantien, Zwischenmiete, Begleitung des Mietverhältnisses und Renovierungszuschüsse Sicherheit bietet. So werden Vorbehalte abgebaut und leerstehende Wohnungen für benachteiligte Gruppen wie Alleinerziehende oder Menschen mit Migrationsgeschichte nutzbar gemacht.
Beispiele aus Karlsruhe und der Kirchlichen Wohnrauminitiative der Caritas zeigen die Wirksamkeit: Jährlich werden dort bis zu 150 Wohnungen vermittelt, insgesamt über 700 seit Projektbeginn. Die Kosten sind im Vergleich zum Neubau minimal – etwa 1,5 Mio. Euro jährlich für 150 Wohnungen gegenüber über 200.000 Euro Förderung pro neu gebauter Sozialwohnung. Neben ökonomischen Vorteilen wie Einsparungen bei Unterbringung und Baukosten bietet die Mobilisierung bestehenden Wohnraums ökologische Vorteile durch vermiedenen Flächenverbrauch und geringere Klimabelastung sowie soziale Effekte wie Integration und Armutsbekämpfung.
Die Initiative trägt zur Erreichung globaler Nachhaltigkeitsziele bei, insbesondere zu bezahlbarem Wohnraum, Armutsreduktion und inklusiven Gesellschaften. Allerdings droht das Auslaufen der kirchlichen Finanzierung ab 2026, wodurch gewachsene Strukturen und Netzwerke verloren gehen könnten. Das Papier fordert daher eine öffentliche Anschlussfinanzierung und die Etablierung der Wohnraummobilisierung als festen Bestandteil der Wohnraumförderung. Programme wie Endlich ein Zuhause in Nordrhein-Westfalen dienen als Vorbild. Eine landesweite Koordinierungsstelle wird empfohlen, um die bestehenden Ansätze zu bündeln und auszubauen. Insgesamt zeigt das Konzept, dass die Mobilisierung unsichtbarer Wohnraumreserven eine kostengünstige, nachhaltige und sozial wirksame Alternative zum Neubau darstellt.
Konzeptpapier zur Mobilisierung von Wohnraum
Sicheres Vermieten durch soziale Wohnraumvermittlung in Baden-Württemberg
Dr. Daniel Fuhrhop
Caritas Rottenburg-Stuttgart (2025)


