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Der Bausektor ist verantwortlich für rund 40 % des globalen CO2-Ausstoßes sowie für rund 60 % des globalen Abfallaufkommens. Bisher wird nur etwa 1 % der verbauten Materialien wiederverwendet und Recyclingkonzepte etablieren sich sehr langsam. Somit spielt die Baubranche beim Klima- und Ressourcenschutz eine zentrale Rolle. In den Niederlanden hat man dies längst erkannt – so nehmen niederländische Architekturschaffende und weitere Baubeteiligte heute eine Vorreiterrolle im Thema Zirkuläres Bauen ein.
Ein gutes Beispiel hierfür ist der erste und bislang einzige vollständig kreislauffähige Gewerbepark „Ambachtsezoom“ in den Niederlanden, der in der Gemeinde Hendrik-Ido-Ambacht, rund 10 km nordwestlich von Dordrecht, entsteht und als landesweites Vorzeigeprojekt gilt. Das Ziel von Energieneutralität und Zirkularität war von vornherein im Bebauungsplan der Gemeinde festgelegt.
Ganz grundsätzlich sollten wir bei Neubauten versuchen, so wenig CO2 zu verbrauchen wie nur irgend möglich. So wie beim Omega-Gebäude!
Maarten Terberg, Büropartner EVA architecten
Organischer, zirkulärer Holzbau
Der hochwertig gestaltete, nach Plänen von EVA architecten aus Utrecht umgesetzte Holzbau „Omega“ ist nicht nur architektonischer Blickfang am Standort. Das rundum zirkulär geplante Bürogebäude verbraucht maximal so viel Strom, wie es selbst produziert und sämtliche eingesetzten Baumaterialien sind komplett demontierbar.
Die organisch abgerundete Grundrissform des Gebäudes in Verbindung mit der elegant geschwungenen, im Obergeschoss teilweise zurückspringenden Glasfassade ist charakteristisch für den leicht über Bodenniveau aufgeständerten Entwurf. Dieser erhält zusätzliche Dynamik durch die umlaufend vorkragenden, mit bronzefarben lackierten Aluminium-Elementen verkleideten Geschossbänder. Je nach Ausrichtung variieren sie in der Tiefe und fungieren damit gleichzeitig als Sonnenschutz.
Die Gemeinde hat uns ziemlich strenge Vorgaben gemacht und die Einhaltung sämtlicher Auflagen dann in einem komplexen Monitoring-Verfahren genau überwacht.
Maarten Terberg
Die durchgehende Verwendung von Holz in Verbindung mit der geschosstiefen Verglasung sorgt für ein helles und lichtdurchflutetes Ambiente mit einer hohen Aufenthaltsqualität in sämtlichen Bereichen. Das Raumangebot wird durch eine Tiefgarage mit 26 Stellplätzen sowie durch einen attraktiv begrünten Dachgarten oberhalb des ersten Geschosses komplettiert. Das Hauptdach wird zudem als Standort für eine Photovoltaikanlage mit 216 Sonnenkollektoren à 1,95 m² und einer Gesamtleistung von circa 90 kWp genutzt, die entscheidend zur gebäudeeigenen Energieerzeugung beiträgt.
Stützen- und Balkenkonstruktion aus Holz
Um einen minimierten CO2-Fußabdruck zu erreichen, setzt sich die Hauptstruktur des Holzhybridbaus aus einer Stützen- und Balkenkonstruktion aus Holz sowie aus Wänden und Böden aus CLT zusammen. Der Werkstoff Holz ist sehr nachhaltig und gleichzeitig hervorragend zum zirkulären Bauen geeignet, weil man die Elemente nach einem eventuellen Abbruch des Bauwerkes problemlos an anderer Stelle weiterverwenden kann. Die Stabilität des Gebäudes wird durch einen Betonkern erreicht. Um diesen Kern herum ist ein frei aufteilbarer Grundriss mit einer Gesamtfläche von 1.600 m² entstanden, in dessen Mitte ein verschließbares Podium mit einer Tribünentreppe für Beratungsgespräche und Präsentationen angeordnet ist.
„Weiter optimiert wird die Nachhaltigkeitsbilanz durch die Integration einer energiesparenden Gebäudetechnik, die im Ergebnis dafür sorgt, dass der Bau energiepositiv betrieben wird, also mehr Energie produziert wird als letztlich verbraucht wird“, erklärt Projektarchitekt Maarten Terberg. „Hinzu kommt, dass das Gebäude mit Ausnahme des Parkhauses komplett demontierbar ist. Das betrifft die Haupttragstruktur ebenso wie die Glasfassade und die gesamte Haustechnik.“ Auf Materialien wie PVC, Kleber, Dichtungsmittel oder Polyurethanschaum wurde komplett verzichtet und es wurden keine Verbundprodukte verwendet. Zur Umsetzung des zirkulären Anspruchs sind sämtliche verwendeten Werkstoffe in einem Werkstoffpass erfasst.
Das Bauen mit Holz haben wir gemeinsam mit dem Bauherrn beschlossen, um den CO2-Fußabdruck des Gebäudes maximal zu reduzieren.
Maarten Terberg
Kreislauffähige Dachabdichtung
Auch die Planung und Umsetzung des Dachaufbaus brachte hohe Anforderungen im Hinblick auf Zirkularität mit sich: „Ganz wichtig war dabei, dass die verwendete Dachabdichtung lose verlegt oder mechanisch befestigt sein musste und keine giftigen Bestandteile enthalten durfte“, erklärt Maarten Terberg. „Hinzu kam, dass die Abdichtung des Hauptdaches unter den PV-Modulen weiß oder hellgrau sein sollte, um so eine maximale Effektivität der eingesetzten Photovoltaikmodule sicherzustellen.“ Ausgehend von diesen strengen Vorgaben kamen Dachabdichtungsprodukte des Herstellers CARLISLE®zum Einsatz: weiße SURE-WELD®TPO/FPO-Bahnen auf dem mit Photovoltaikmodulen belegten Hauptdach, HERTALAN®EPDM-Planen auf den begrünten Dachbereichen – jeweils in Kombination mit mechanischer Befestigung per Induktionsverschweißung. Beide Abdichtungssysteme sind komplett schadstofffrei und lassen sich im Sinne einer Kreislaufwirtschaft problemlos abtragen und an anderer Stelle wiederverwenden. Hierfür wurde HERTALAN®unter anderem das Cradle-to-Cradle™-Zertifikat verliehen.
Auf sämtlichen Dachflächen wurde oberhalb der Deckenkonstruktion aus Holz zunächst eine 160 mm dicke Dämmung mit einem Gefälle von 16 mm verlegt, das für einen sicheren Abfluss von Regenwasser sorgt. Auf dem 800 m2großen Hauptdach wurden direkt darüber weiße SURE-WELD®TPO/FPO-Bahnen verlegt und mittels Induktion befestigt. Die einlagige Kunststoff-Abdichtungsbahn ist außergewöhnlich witterungs- und alterungsbeständig; die Wahl von weißen Bahnen sorgt zusätzlich für eine willkommene Reflexionskühlung und ermöglicht damit eine erhöhte Leistungsfähigkeit der abschließend auf der Dachfläche montierten Solarmodule.
Attraktive Dachbegrünung
Für das Gründach oberhalb des ersten Obergeschosses sowie für den jeweils 50 cm breiten Grünstreifen rund um das Erdgeschoss und den ersten Stock kamen oberhalb der Gefälledämmung HERTALAN®EPDM-Planen zum Einsatz, die ebenfalls per Induktionsschweißung mechanisch auf der Dachfläche befestigt wurden. Die Befestiger bestehen aus einer Schraube, einer Tülle und einem speziell beschichteten Halteteller, der im Induktionsverfahren dauerhaft sicher mit der Dachabdichtung verbunden wird.
Abschließend konnte dann das Substrat für die Sedum- und Kräutermischungen aufgebracht werden. Durch die Begrünung wird nicht nur eine zusätzlich verbesserte Dämmung des Gebäudes erzielt, sie schafft gleichzeitig eine willkommene biologische Ausgleichsfläche, die Bienen, Schmetterlinge sowie andere Insekten und Kleinstlebewesen anlockt. Hinzu kommt, dass die Angestellten von ihren Arbeitsplätzen aus den Blick ins Grüne genießen können.
Robert Uhde
- Objekt: Bürogebäude „Omega“
- Standort: Hendrik-Ido-Ambacht (NL)
- Bauherr: PCS Automation, Hendrik-Ido-Ambacht (NL)
- Planung: EVA architecten, Utrecht
- Bauunternehmen: Van Baaren Aannemers, Schoonhoven (NL)
- Dacharbeiten: Nieuwenhuizen Daktechniek B. V., Hendrik-Ido-Ambacht (NL)
- Bruttogeschossfläche: 1600 m²
- Fertigstellung: 2023