Smart Circular Bridge Ulm – Biobasierte Innovation im Brückenbau 

Gewinner DGNB Sustainability Challenge 2025 „Forschung” 

Flachs ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt. Aus ihren äußerst robusten und reißfesten Fasern sowie einem Polyesterharz mit 25 % Bio-Anteil haben Forschende in den Niederlanden einen hochstabilen Verbundwerkstoff entwickelt. Das Material ist in seinen Eigenschaften Stahl ähnlich. Die Kombination aus Festigkeit und Steifigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht verleiht dem Werkstoff viel Potenzial im Bauwesen. 

Die erste Brücke aus Flachsfasern und einem bio-basierten Polyesterharz in Deutschland und weltweit die erste, die mit Kraftfahrzeugen befahrbaren werden kann.  
Quelle: Proesler Kommunikation 

Die Smart Circular Bridge in Ulm ist eine freitragende Fußgänger- und Radfahrerbrücke mit einer Spannweite von 8,5 Metern, einer Breite von 5,34 Metern und einer Gesamtlänge von 9 Metern. Sie wiegt jedoch nur 3,9 Tonnen und ist damit deutlich leichter als eine vergleichbare Stahl- oder Betonbrücke. Dank der leichten, ressourcenschonenden Bauweise wird der CO₂-Fußabdruck deutlich reduziert. Die Brücke trägt 24 Tonnen und ist für Fahrzeuge bis 12 Tonnen zugelassen – das ermöglicht Instandhaltungsfahrzeugen der Stadt Ulm, die Brücke zu befahren. 

Vakuuminjektion mit bio-basiertem Harz 

Der Brückenkörper besteht aus diversen Einzelkomponenten: Zur Herstellung der Bodenplatte, der acht Hauptträger und der drei Querspanten in U-Form wurden Flachsfasermatten in Formen gelegt und per Vakuuminfusionsverfahren mit einem biobasierten, ungesättigten Polyesterharz infundiert. So entsteht der stabile, tragfähige Bioverbundwerkstoff.  

Für das Sandwich-Deck wurden Vierkantbalken aus recyceltem PET-Schaum mit Flachsfasermatten umwickelt und ebenfalls mit Harz infundiert. Anschließend wurden die Einzelteile zu einem Brückenkörper zusammengesetzt und verklebt. Ein spezielles Beschichtungssystem sorgt für den Schutz des Brückenkörpers. Das Brückengeländer besteht aus mit Harz überzogenen Flachsfasern, die per Roboter kunstvoll zu einem Geflecht gewickelt wurden. 

Klangkunst macht Innovation sinnlich erfahrbar 

In Ulm erleben Passanten, wie die Brücke auf sie reagiert. Möglich wird das mit Hilfe von 42 Sensoren, die in der Brücke verbaut sind. Diese dienen in erster Linie der Materialforschung des neuartigen Verbundwerkstoffs: Die Sensoren überwachen das Bauwerk und liefern genaue Daten über den Werkstoff im täglichen Einsatz. Die Messdaten können auf einer öffentlichen Webseite eingesehen werden. 

Auf Basis der Sensordaten übersetzt das Stuttgarter Atelier für auditive Kommunikation Klangerfinder die Schritte von Passanten in komplexe Klanglandschaften. Passanten hören ihre eigenen Schritte und nehmen wahr, wie das Bauwerk bei unterschiedlicher Belastung oder Temperaturveränderungen klingt. So wird die Innovation spielerisch und sinnlich erfahrbar – direkt vor Ort und auch online mit Hintergrundinformation zu den Innovationen unter www.flachsbruecke-ulm.de

Zurück in die Zukunft: Traditioneller Flachs als innovativer Baustoff 

Das Forschungsprojekt Smart Circular Bridge gibt einen wichtigen Impuls für den Einsatz schnell nachwachsender, biobasierter Rohstoffe im Bauwesen. Die Brücke in Ulm ist damit ein wichtiger Schritt für die Entwicklung einer kreislauforientierten Infrastruktur. 


Hier gelangen Sie zur Audio-WebApp:  

https://www.flachsbruecke-ulm.de/

Video „ Die Smart Circular Bridge in Ulm”: 

Zu den Messdaten der Bauwerksüberwachung: 

https://dashboard.smartcircularbridge.eu/d/ulm/ulm?orgId=1

 


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