Natürliche Prozesse laufen im Kreislauf ab. Auf Vergehen folgt gleichwertiges Entstehen. Solch ein Zirkularitätsprinzip ist im Tragwerksbau nicht verankert. Nach Nutzungsende werden Bauwerke abgebrochen, falls möglich zerlegt und recycelt. Besonders davon betroffen ist die Stahlbetonbauweise mit ihrem enormen Baubestand. Abbruch löst ein fatales Downcycling aus, mit minderwertigem Betoneinsatz als Schüttgut oder Deponierung. Selten besiegeln dabei Tragfähigkeitsdefizite das Nutzungsende, vielmehr sind Nutzungseinschränkungen oder baurechtliche Schranken ausschlaggebend. Die Folgen sind eine enorme Verschwendung an Ressourcen wie Sand oder Kies, Treibhausgasemissionen zur Aufbereitung und Abfall.
Wiederverwenden (engl. reuse) bedeutet ein erneutes Nutzen von Stahlbeton als Bauteil (Modul). Nicht mehr genutzte Tragwerke werden dazu in die noch tragfähigen Anteile zerlegt, in ihren Eigenschaften charakterisiert, aufgearbeitet und baukastenartig zu neuen Tragwerken zusammengefügt. Es entsteht ein kreislauffähiges Modulsystem. Der Sonderforschungsbereich 1683 mit Sprecherschaft an der Ruhr-Universität Bochum befasst sich mit dieser Art der modularen Wiederverwendung. Die Mitarbeitenden erarbeiten Entwurfs- und Reparaturkonzepte für Tragwerke aus wiederverwendetem Stahlbeton, automatisierte Charakterisierungs- und Aufarbeitungsverfahren sowie Prozessmethoden für Logistik, Dekonstruktion und die Nachhaltigkeitsbewertung.
Der beschriebene Beitrag stellt die Konzepte und Demonstratoren möglicher Tragwerke vor.
Mark, P. et al. (2025) Modulares Wiederverwenden von Bestandstragwerken. Bautechnik 102, H. 8, S. 424–435.https://doi.org/10.1002/bate.70000