Umbau und Innenentwicklung fehlen
Am 8. Oktober 2025 wird im Bundestagsausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen die abschließende Beratung zum geplanten Bau-Turbo (Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung BT-Drucksache 21/781(neu)/BT-Drucksache 21/1084) stattfinden.
Kassem Taher Saleh (Grüne), Sprecher für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, kritisiert den Gesetzesentwurf deutlich:
„Der sogenannte Bau-Turbo ist eine Mogelpackung. Wer wirklich mehr bezahlbare Wohnungen will, muss Quoten für Sozialwohnungen an erste Stelle setzen und dafür sorgen, dass die Wohnungen auch gebaut werden. Wir sollten nicht die Fehler der 70er Jahre wiederholen und Satellitenstädte auf der grünen Wiese schaffen, denn hier sind die sozialen Probleme vorprogrammiert. Mit Umbau und Innenentwicklung können neue Wohnungen gebaut und die soziale Mischung gefördert werden. Genau das fehlt weiterhin im Gesetzentwurf.
Wie es besser geht, zeigen wir auf: Umbauturbo für Aufstockung, Umnutzung und Nachverdichtung, verlässlich gebunden an Gemeinwohl und soziale Mietpreise. Mit der Brechstange produziert die Bauministerin lediglich Überschriften und im besten Fall steigende Genehmigungszahlen, aber keinen bezahlbaren Wohnraum. Ohne jede Sozialquote und ohne Baugebot öffnet der Gesetzentwurf Spekulation Tür und Tor – am Ende steigen Bodenpreise, nicht die Zahl leistbarer Wohnungen.“
Auch Sylvia Rietenberg (Grüne), Berichterstatterin für Stadtentwicklungspolitik, warnt:
„Der Paragraph 246e hat rein gar nichts mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu tun. Das hat die Anhörung eindrucksvoll gezeigt. Neben mehr Schutz von Mieter:innen durch das Faire-Mieten-Gesetz (BT-Drucksache 21/222) braucht es Vorfahrt für sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau und ein Baugesetzbuch. Die Bundesregierung schleift demokratische Beteiligungsrechte bei der Planung von Bauvorhaben. Dabei wurden diese ja gerade eingeführt, um Fehler der Vergangenheit zu vermeiden und den Bürger:innen ein Mitspracherecht bei der Entwicklung ihrer Stadt zu ermöglichen.

Quelle: Sylvia Rietenberg
Spätestens die Anhörung im Bauausschuss hat gezeigt, dass der Deckmantel, den die Bundesregierung über ihr Gesetzesvorhaben gelegt hat, nur schlechter Schein ist. Selbst der Deutsche Mieterbund und die Bundesarchitektenkammer haben die Streichung bzw. massive Anpassung des § 246e BauGB-E gefordert. Dieser Bau-Turbo wird vor allem die Preisspirale bei den Bodenpreisen weiter nach oben treiben, den Flächenfraß weiter anheizen, aber nichts zur Bekämpfung der Wohnungskrise beitragen. Stattdessen wiederholt Schwarz-Rot mit dem Gesetzentwurf die Fehler des bereits für europarechtswidrig erklärten § 13b BauGB. Auch dieser hatte bereits die Schaffung von Baurecht im bislang unbebauten Außenbereich ermöglicht und dabei entgegen dem erklärten Ziel nicht für mehr bezahlbaren Wohnraum gesorgt, sondern nur für Bauvorhaben im kleinen Maßstab im ländlichen Bereich. Vielfach wurden dabei ökologisch besonders wertvolle Flächen in Anspruch genommen.“
Um diese Positionen zu verdeutlichen, bringt die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zwei parlamentarische Initiativen ein:
- Ersatzlose Streichung des § 246e BauGB
Mit einem Änderungsantrag fordert die Fraktion die ersatzlose Streichung des § 246e BauGB, weil der Paragraph den Außenbereich faktisch für den ungehemmten Neubau öffnet, Zersiedelung und Flächenverbrauch anheizt und Ziele von Klima-, Natur- und Bodenschutz konterkariert, ohne sicherzustellen, dass auch nur eine Wohnung gebaut wird.
- § 246e öffnet den Außenbereich für den Wohnungsbau und treibt damit Zersiedelung, Flächenfraß und den Verlust wertvoller Natur- und Agrarflächen voran – entgegen dem besonderen Schutz des Außenbereichs im BauGB.
- Die Folge sind hohe Infrastrukturkosten für Straßen, Leitungen und Schulen, während Klima- und Artenschutz auf der Strecke bleiben.
- Aus den Fehlern des europarechtswidrigen § 13b lernen: Statt geordneter Innenentwicklung produziert § 246e das Ausfransen von Städten und Dörfern
- Umbau-Turbo für bezahlbaren Wohnraum
Mit einem Entschließungsantrag benennt die Fraktion die nachstehenden zentralen Schritte zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums und zur Stärkung verlässlicher Planungsverfahren für einen Umbau-Turbo mit Gemeinwohlbindung, der bezahlbare Wohnungen schafft, Kommunen stärkt und Qualität, Klimaschutz sowie Rechtsklarheit sichert.
• Vorrang für Umbau, Aufstockung, Umnutzung und Nachverdichtung im Innenbereich – besonders auf bereits versiegelten oder untergenutzten Flächen.
• Bezahlbarkeit absichern: Bei erleichterten Verfahren mindestens 50 % sozialen/gemeinnützigen Wohnungsbau verbindlich festschreiben.
• Vom Antrag zur Wohnung: Genehmigungen dürfen nicht spekulativ „geparkt“ werden, um den Bodenwert zu steigern, sondern müssen dazu führen, dass die genehmigten Wohnungen wirklich gebaut werden. Dies erreichen wir mit einem Baugebot und Fertigstellungsfristen.
• Umbau-Turbo einführen – Innenentwicklung stärken: Wir sorgen dafür, dass Wohnungen nicht auf der grünen Wiese geschaffen werden, sondern da, wo das Leben pulsiert und Infrastruktur bereits vorhanden ist. Dies erreichen wir mit einem Vorrang für Umbau, Aufstockung, Umnutzung und Nachverdichtung – besonders auf bereits versiegelten oder untergenutzten Flächen.
• Kommunen handlungsfähig machen:
- Vorkaufsrechte ausweiten (inkl. Share Deals, Vereinigung von Wohnungseigentum) und Rechtsweg einheitlich vor Verwaltungsgerichten.
- Sozialer Flächenbeitrag in der Umlegung (§ 58a) – Vorteilsausgleich in Flächen für kommunalen/sozialen Wohnungsbau, zweckgebunden und fristgebunden.
- Städtebauliche Verträge als Standard: Folgekosten (soziale/kulturelle Infrastruktur), Klimaanpassung und Sozialquoten verbindlich regeln.
• Demokratische Verfahren sichern – Rechts- und Planungssicherheit statt Brechstange: Klare, qualitätssichernde Verfahren mit verlässlichen Fristen; Demokratische Beteiligung und Abwägung digitalisieren und besser organisieren statt kürzen.
• Bodenwertsteigerungen fürs Gemeinwohl abschöpfen: Planungsbedingte Wertzuwächse über Flächen, Abgaben und Auflagen gemeinwohlorientiert reinvestieren.
• Klimaanpassung & Flächensparen verankern: Verbindliche Prüfungen zu Stadtklima, Verkehr, Lärm und Infrastruktur; Zielkonflikte transparent lösen.