Nachhaltigkeit ist für die Bauindustrie eine ­strategische Notwendigkeit

Unterstützung durch die von der EU-Kommission eingeführte Omnibus-Richtline

Die europäische Bauindustrie hat sehr herausfordernde Jahre hinter sich und es zeichnet sich nur langsam eine Erholung ab. Doch während das wirtschaftliche Umfeld noch stagniert, gibt es von der regulatorischen Seite laufend neue Entwicklungen – wie zuletzt die sogenannte „Omnibus-Richtlinie der Europäischen Kommission“ [1], die u.a. die ESG-Reportingpflichten vereinfachen soll.

Mehr Vergleichbarkeit durch klare Regeln

Die im Jahr 2022 durch die EU eingeführte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) [2] ist ein bedeutender Schritt hin zu transparenter und vergleichbarer Unternehmensnachhaltigkeit. Diese Richtlinie verpflichtet alle Unternehmen, nach einheitlichen Key Performance Indicators (KPIs) zu berichten. Diese Standardisierung ist von entscheidender Bedeutung, da sie es Stakeholdern wie Investoren, Kunden, Lieferanten und Ratingagenturen ermöglicht, die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen effektiv zu vergleichen und zu bewerten. So können sie Unternehmen identifizieren, die sich aktiv für nachhaltige Praktiken einsetzen.

Durch die Betonung nichtfinanzieller KPIs, die zunehmend als kritische Indikatoren für die Gesamtleistung eines Unternehmens angesehen werden, soll die CSRD auch Investitionen in grüne und nachhaltige Aktivitäten lenken.

Die im Februar 2025 von der Europäischen Kommission verabschiedete Omnibus-Richtlinie zielt darauf ab, die Anforderungen für kleine und mittlere Unternehmen zu vereinfachen. Diese stehen oft vor besonderen Herausforderungen, wenn es darum geht, komplexe und kostspielige Nachhaltigkeits-Berichtsanforderungen zu erfüllen. Die Omnibus-Richtlinie soll Abhilfe schaffen, indem sie die Anforderungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vereinfacht und uns mehr Zeit gibt, die notwendigen Daten und Ressourcen für die Offenlegung vorzubereiten. Dies ist besonders wichtig, da KMU oft nicht über die gleichen Ressourcen und Kapazitäten verfügen wie größere Unternehmen. Die zusätzliche Zeit bietet uns die Möglichkeit, sich gründlich auf die neuen Anforderungen vorzubereiten und sicherzustellen, dass unsere Berichterstattung den geforderten Standards entsprechen wird.

Bild 1 Baustelle in der Tschechischen Republik; Großformate ermöglichen einen schnellen Baufortschritt (Quelle: Xella International Duisburg)
Bild 1 Baustelle in der Tschechischen Republik; Großformate ermöglichen einen schnellen Baufortschritt (Quelle: Xella International Duisburg)

Nachhaltigkeit als Teil unserer Branchenverantwortung

Für Unternehmen in Europa im Allgemeinen – und für die Bauindustrie als energie- und rohstoffintensive Branche im Besonderen – ist das Thema Nachhaltigkeit von großer Bedeutung. Für unsere Branche ist es entscheidend, nachhaltige Praktiken zu implementieren und zu fördern. (Bild 1)

Trotz der Verschiebung der Fristen wird sich an unseren ESG-Verpflichtungen, unserem Aktionsplan oder unseren Zielen nichts ändern. Wir bleiben weiterhin fest entschlossen, unsere Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und unsere ESG-Strategie konsequent umzusetzen. Die zusätzlichen zwei Jahre werden genutzt, um unsere internen Prozesse weiter zu optimieren und sicherzustellen, dass die Berichterstattung den höchsten Standards entspricht. Wir sehen die CSRD als eine Chance, Nachhaltigkeitsleistungen noch transparenter zu machen und unsere Position als führendes Unternehmen in der Bauindustrie zu stärken. Digitale Planung leistet dazu einen wesentlichen Beitrag (Bild 2).

Wettbewerbsfaktor Nachhaltigkeit

Allerdings bedeutet Nachhaltigkeit im Bausektor nicht nur das Befolgen der gesetzlichen Anforderungen, sondern es ist eine geschäftliche Notwendigkeit. Nachhaltigkeit dient dazu, den Klimawandel zu bekämpfen, begrenzte Ressourcen zu schonen, für die Rechte der Menschen zu kämpfen und sie zu schützen. Es ist kein „Nice-to-have“, sondern eng mit den Hauptherausforderungen verbunden, denen wir und zukünftige Generationen gegenüberstehen, und die zunehmend kostspielig für die Menschheit sein werden. Nachhaltigkeitsstrategien helfen Bauunternehmen, Risiken im Zusammenhang mit Ressourcenknappheit, Klimaauswirkungen und regulatorischen Änderungen zu mindern und ge­währleisten so die Geschäftskontinuität und den langfristigen Vermögenswert.

Entwickler, Gemeinden, Investoren und Kunden legen zunehmend Wert auf umweltfreundliche Baupraktiken, Netto-Null-Ziele und ESG-konforme Abläufe – wodurch Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal wird. Wenn wir wollen, dass unsere Produkte in den nächsten Jahrzehnten noch auf dem Markt sind, müssen sie nachhaltig sein. Mit strengeren Vorschriften zu verkörpertem Kohlenstoff, Energieeffizienz und Abfallmanagement sorgt die Integration von Nachhaltigkeit für die Einhaltung der Regeln und vermeidet kostspielige Projektverzögerungen oder Strafen. Dies ist auch Teil unseres Rechts, geschäftlich aktiv zu sein.

Bauen mit Verantwortung – heute und morgen

Die Nutzung nachhaltiger Materialien, zirkulärer Bauweisen und energieeffizienter Technologien reduziert nicht nur die Umweltbelastung, sondern senkt oft auch die Kosten und steigert die Effizienz von Projekten. Unternehmen mit klaren Nachhaltigkeitsverpflichtungen ziehen qualifizierte Fachkräfte an und sind wettbewerbsfähiger bei der Sicherung von Projekten im öffentlichen und privaten Sektor mit ESG-Kriterien. Demografischer Wandel und Migration treiben das Bevölkerungswachstum in Metropolregionen voran und verstärken die Nachfrage nach angemessenem Wohnraum. Um eine nachhaltige Stadtentwicklung zu gewährleisten, müssen Wohnlösungen die Umweltbelastung minimieren und langfristig gebaut werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine regulatorische Anforderung, sondern eine strategische Notwendigkeit für verantwortungsbewusstes Wirtschaften ist. Unternehmen müssen weiterhin in nachhaltige Praktiken investieren und aktiv auf eine grüne Zukunft hinarbeiten, indem sie das Gesetz, den Planeten und die Gemeinschaften, mit denen wir zusammenarbeiten, respektieren. Die politischen Entscheidungsträger sind gefordert, so schnell wie möglich klare und praktische Richtlinien festzulegen und die Unternehmen bei deren Umsetzung zu unterstützen. Die Zukunft unseres Planeten hängt von unseren heutigen Handlungen ab.


Literatur

  1. European Commission (2025) Omnibus I [online]. Brüssel: Europäische Kommission, 26. Febr. 2025. https://commission.europa.eu/publications/omnibus-i_en
  2. European Union (2022) Directive (EU) 2022/2464 of the European Parliament and oft he Council 0f 14 December 2022. Luxembourg: Publications Office of the European Union. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:32022L2464

Autor:in

Cécile Fages, Chief Sustainability & Communications Officer, Cecile.Fages@xella.com
Xella International GmbH/Duisburg
www.xella.com

Jobs

ähnliche Beiträge

Anne Niemann auf Professur für Ressourceneffizientes Entwerfen und Konstruieren an TH Rosenheim berufen 

Prof. Niemann wird die Themen Ressourceneffizienz, nachhaltige und suffiziente Konstruktionsweisen sowie zukunftsfähige Entwurfsstrategien vertiefen.

Nobel-Nachhaltigkeitspreis für Manfred Curbach

Professor Manfred Curbach von der TU Dresden wurde 2025 mit dem Nobel Sustainability Academic Award für seine bahnbrechende Forschung zu Carbonbeton ausgezeichnet.

Monitoring in Heizungskellern

Der energetische Betrieb von Heizungsanlagen kann durch digitale Transparenz effizienter werden.