Einblicke aus dem EU-Projekt UP2030
Buro Happold hat mit „Climate Proofing“ ein Werkzeug entwickelt, das Städte dabei unterstützt, Klimaschutz und Klimaanpassung frühzeitig und integriert in die Planung einzubetten. Das Instrument kam bereits in verschiedenen Städten und Maßstabsebenen zum Einsatz – von der Entwicklung eines Leitfadens in Münster über die Modellierung von Szenarien in Berlin bis zur Umsetzung konkreter Maßnahmen in Hessen. Climate Proofing bietet einen klar strukturierten, praxisnahen Prozess, der lokale Akteur:innen einbezieht und Klimaziele miteinander verknüpft. So entstehen Quartiere, die nicht nur widerstandsfähig und klimaneutral, sondern auch sozial gerecht sind.
1 Städte als Schlüsselakteure der klimaneutralen Transformation
Im Rahmen der gesellschaftlichen Transformation in Richtung einer klimaresilienten und klimaneutralen Umwelt kommt Städten eine zentrale Rolle zu: Sie sind weltweit für einen Großteil des Energie- und Ressourcenverbrauchs verantwortlich und zugleich besonders verwundbar, da auf engem Raum eine hohe Dichte an Bevölkerung, Infrastruktur und Nutzungen zusammentrifft. Städte sind weltweit für mehr als 70 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Schon heute spürt man die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels, von langanhaltenden Hitzewellen bis hin zu häufigeren und stärkeren Überschwemmungen, insbesondere in urbanen Gebieten. Ihre dichte Bebauung macht Städte zu zentralen Verursachern von Treibhausgasemissionen – gleichzeitig verfügen Städte damit über eine große Hebelwirkung. Klimaschutz soll dabei Treibhausgase reduzieren und die Erderwärmung bremsen, während Klimaanpassung darauf abzielt, die Folgen des Klimawandels für Städte und Gesellschaft abzufedern. Beide Themen sind zentral für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung und sollten daher integriert betrachtet werden.
Quartiere rücken als Handlungsräume zunehmend in den Fokus: Sie bilden die räumliche Ebene zwischen Einzelgebäude und Stadtteil und ermöglichen es, konkrete Handlungsfelder der Transformation miteinander zu verknüpfen und Maßnahmen zielgerichtet und unter Einbezug von lokalen Akteur:innen umzusetzen. Erst eine integrierte Betrachtung von Klimaschutz und Klimaanpassung eröffnet Schnittstellen zur ressourcenschonenden Bauweise, klimaneutralen Energieversorgung, nachhaltigen Mobilität und zum klimawandelangepassten Städtebau. Quartiere spielen sowohl bei der strategischen Entwicklung sektor- und akteursübergreifender Lösungen als auch bei deren Umsetzung vor Ort eine zentrale Rolle in der zukunftsfähigen Stadtentwicklung.
Buro Happold hat ein Werkzeug entwickelt, das eine systematische und integrierte Verankerung von Klimaschutz und Klimaanpassung von den frühen Phasen der Stadtentwicklung bis zur Umsetzung von Maßnahmen ermöglicht. Climate Proofing (dt.: Klimacheck) unterstützt Kommunen praxisnah und zielgerichtet dabei, Klimaschutz und Klimaanpassung effektiv zu verankern und umzusetzen (Bild 1). Durch Implementierung in unterschiedlichen Städten deutschlandweit wurde die Flexibilität des Instruments unter Beweis gestellt und dessen Anwendbarkeit auf unterschiedliche Maßstäbe sowohl in der Entwicklung von Neubau- als auch Bestandsquartieren getestet.
Das Instrument wurde im Rahmen des von der Europäischen Kommission kofinanzierten Projekts Urban Planning and Design Ready for 2030 (UP2030) weiterentwickelt (Bild 2).

Quelle: UP2030
Dieses durch Horizon Europe, dem zentralen Forschungs- und Innovationsprogramm der Europäischen Union, geförderte Projekt schafft seit 2023 einen praxisnahen und ambitionierten Rahmen, der europäische Städte auf ihrem Weg zu Klimaneutralität, Resilienz und sozialer Gerechtigkeit unterstützt. Im Zentrum steht die enge Zusammenarbeit zwischen kommunalen Akteur:innen, wissenschaftlichen Einrichtungen und technischen Umsetzungspartner:innen, die gemeinsam innovative Ansätze entwickeln und in urbanen Kontexten europaweit erproben. Die Zielstellung von UP2030 orientiert sich dabei an drei Säulen: klimaneutrale, klimaresiliente und klimagerechte Städte. Buro Happold hat das Instrument Climate Proofing als Teil des Projekts weiterentwickelt, um Klimaschutz und Klimaanpassung integriert zu verankern und dabei lokale Akteur:innen einzubeziehen. Zudem wurde das Instrument auf europäischer Ebene skaliert.
2 Climate Proofing
Climate Proofing bezeichnet die frühzeitige Integration von Klimaschutz und Klimaanpassung in Planungs- und Entscheidungsprozesse. Ziel ist es, Strategien und Maßnahmen so zu gestalten, dass Städte und Quartiere sowohl Treibhausgasemissionen reduzieren als auch widerstandsfähig gegenüber den Folgen des Klimawandels sind. Dabei soll ein höchstmögliches Maß an Synergien ausgeschöpft werden.
Climate Proofing ist als Prozess mit fünf Schritten angelegt, die sich in Klimaschutz (Bild 3, linker Strang) und Klimaanpassung (Bild 3, rechter Strang) aufgliedern:
- Identifizieren und Verstehen: Im ersten Schritt werden übergeordnete Zielsetzungen und lokale Rahmenbedingungen erfasst. Analysiert werden Klimaziele, städtebauliche Vorgaben und soziale Strukturen, um eine gemeinsame Vision für das Quartier oder Vorhaben zu entwickeln. Relevante Akteursgruppen werden frühzeitig identifiziert und auf spätere Beteiligungsformate vorbereitet.
- Bewerten: Hier werden konkrete Handlungsfelder für Klimaschutz und Klimaanpassung herausgearbeitet und priorisiert. Die Bewertung erfolgt anhand der Potenziale zur Emissionsminderung, Resilienzsteigerung und sozialen Gerechtigkeit. Hotspots wie Überhitzung oder Starkregenrisiken werden räumlich verortet und mit Blick auf Synergien und Zielkonflikte analysiert. Zentral ist ebenfalls die Verortung von besonders vulnerablen Gruppen, um diese mit gezielten Maßnahmen adressieren zu können.
- Minimieren und Anpassen: Auf Basis der priorisierten Handlungsfelder werden passgenaue Maßnahmen konzipiert – von Solardächern über grüne Infrastruktur bis hin zu partizipativen Formaten. Die Maßnahmen sollen sowohl kurzfristige Wirkungen entfalten als auch langfristige Transformationspfade eröffnen. Unterschiedliche Perspektiven und Bedürfnisse von Akteuren werden aktiv eingebunden.
- Umsetzen: Die Phase umfasst die Realisierung der entwickelten Maßnahmen. Geeignete Standorte, Ressourcen und Fördermöglichkeiten werden identifiziert, Zuständigkeiten geklärt und Beteiligungsformate zur Begleitung der Umsetzung etabliert. Ziel ist eine breite Akzeptanz und dauerhafte Verankerung der Maßnahmen im Betrachtungsraum.
- Überwachen und Verstetigen: Abschließend werden die Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überprüft und weiterentwickelt. Monitoringindikatoren, Verantwortlichkeiten und Kommunikationswege werden definiert, um die langfristige Wirkung sicherzustellen. Die Verstetigung erfolgt durch Integration in bestehende Strukturen und durch kontinuierliche Beteiligung der lokalen Akteur:innen.
Zwischen Klimaschutz und Klimaanpassung bestehen grundsätzlich vielfältige Wechselwirkungen, weshalb ein integrativer Ansatz sinnvoll ist. Eine gemeinsame Betrachtung beider Handlungsfelder vermeidet nicht nur Zielkonflikte, sondern eröffnet auch Synergien, die die Wirksamkeit und Effizienz von Maßnahmen deutlich erhöhen. Diese Synergien entstehen insbesondere dort, wo Maßnahmen multifunktional gedacht und umgesetzt werden. Beispielsweise tragen begrünte Dächer und Fassaden nicht nur zur Reduktion urbaner Hitzeinseln bei (Klimaanpassung), sondern verbessern auch die Energieeffizienz von Gebäuden und binden CO₂ (Klimaschutz). Ebenso können Maßnahmen zur Regenwasserrückhaltung (wie Rigolen, Mulden oder entsiegelte Flächen) gleichzeitig zur lokalen Kühlung beitragen.
Mithilfe eines integrativen Planungsansatzes sollen beim Climate Proofing räumliche und sektorale Zielkonflikte frühzeitig erkannt und durch Zusammenarbeit in Synergien verwandelt werden (Bild 4). So müssen beispielsweise Freiflächen nicht nur als grüne Infrastruktur zur Klimaanpassung, sondern auch für Platzbedarfe für Photovoltaik, Biodiversität und soziale Begegnung genutzt werden.
Climate Proofing schafft eine Grundlage für zukunftsfähige Entscheidungen, die sowohl fachlich fundiert als auch flexibel gegenüber sich wandelnden Rahmenbedingungen sind. Dabei handelt es sich nicht um ein starres Verfahren, sondern um einen integrativen, dynamischen und partizipativen Prozess, der Klimaschutz und Klimaanpassung als zukunftsweisende Querschnittsaufgaben versteht.
3 Climate Proofing in der Umsetzung
Die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Kommunen in Deutschland und international hat gezeigt, dass große Bedarfe bestehen, EU-weite, nationale und regionale Anforderungen vor Ort in konkreten Zielsetzungen festzulegen und durch lokale Maßnahmen umzusetzen. Kommunen und Entscheidungsträger:innen sind dabei unterschiedlichen Interessens- und Zielkonflikten ausgesetzt:
- Mobilisierung von Bauland / Entwicklung neuer Quartiere;
- Klimaschutzanforderungen und Zielpfade von Ländern und Kommunen und deren Berücksichtigung in Bauwirtschaft und allen Infrastrukturbereichen;
- Berücksichtigung von zunehmenden Auswirkungen von Klimaveränderungen (z. B. Starkregen, Hitzeinseln).
Bei der Berücksichtigung der oben genannten Themenfelder bedarf es der Mitarbeit einer Vielzahl von Akteur:innen innerhalb einer Kommune, darunter:
- Verwaltung, unterschiedliche Zuständigkeiten und Abteilungen;
- Land, Kommune, Bezirke;
- öffentliche und private Grundeigentümer:innen, Anwohner:innen;
- Planungs- und Ingenieurbüros.
Climate Proofing wird in unterschiedlichem Maßstab und auf unterschiedlichen planerischen Ebenen umgesetzt. In mehreren Vorhaben konnte Buro Happold den Ansatz bereits anwenden und kontinuierlich weiterentwickeln, unter anderem auf Verwaltungsebene in der Stadt Münster, in der Quartiersplanung des Blankenburger Süden (Berlin) oder in der Umsetzung wie zuletzt in den Klimaquartieren im Land Hessen.
Die Zusammenarbeit mit dem Land Berlin und der Stadt Münster hat gezeigt, dass innerhalb der Stadtverwaltung großes Interesse und der Anspruch bestehen, Klimathemen möglichst frühzeitig in die Projektentwicklung zu integrieren, um potenziellen Interessenkonflikten vorzubeugen und Anforderungen an die Planung frühzeitig zu kommunizieren. Mithilfe eines integrierten Planungsansatzes können Interessenkonflikte bereits im Vorfeld vermieden werden.
3.1 Münster: Leitfaden für klimagerechte Quartiere im Bestand als verwaltungsübergreifendes Werkzeug
Mit der Stadt Münster wurde ein Leitfaden für klimagerechte Quartiere im Bestand entwickelt, der in Struktur und Vorgehen auf den Prozessschritten des Climate Proofing basiert. Der Leitfaden soll die Verwaltung dabei unterstützen, die Interessen und Ziele unterschiedlicher Abteilungen zu vereinen und den Austausch untereinander zu fördern. So können klimarelevante Zielstellungen – wie etwa Klimaneutralitätsambitionen der Stadt und deren Übersetzung auf Quartiers- oder Gebäudeebene – in der frühen Konzeption, Planung und späteren Umsetzung berücksichtigt werden (Bild 5). Der Leitfaden bündelt die relevanten Daten- und Informationsquellen der Handlungsbereiche Klimaschutz und Klimaanpassung, ordnet diese den genannten Prozessschritten des Climate Proofing zu und gibt ergänzende Hilfestellungen für die Umsetzung.
Bereits in der Konzeption des Leitfadens, der im Rahmen des UP2030-Vorhabens mit Münster als Pilotstadt erarbeitet wurde, stand der Austausch von Fachabteilungen im Vordergrund. Innerhalb von 1,5 Jahren wurden drei Workshops mit bis zu 30 Teilnehmer:innen unter anderem aus dem Stadtplanungsamt, den Ämtern für Mobilität und Tiefbau, Immobilienmanagement sowie Grünflächen, Umwelt und Nachhaltigkeit abgehalten. Der Austausch der unterschiedlichen Fachbereiche innerhalb der Verwaltung wurde sehr positiv aufgenommen. Eine häufige Rückmeldung war die Notwendigkeit des inhaltlichen Austausches zu Themenbereichen, die an den Schnittstellen unterschiedlicher Verantwortungsbereiche liegen, beispielsweise zu konkreten räumlichen Überschneidungen der Bereiche Mobilität und Freiraum oder zu methodischen Erkenntnissen aus Quartiersentwicklungen, die eine Vorlage für weitere städtische Projekte in Münster sein können.
3.2 Blankenburger Süden: Klimaneutrale Quartiersentwicklung durch Szenarien und Mikroklimaanalysen
Ein ähnlicher Prozess im Rahmen der Konzeption eines neuen Stadtquartiers wurde von Buro Happold und dem Landschaftsplanungsbüro bgmr im Vorhaben Blankenburger Süden (Berlin) verfolgt. Das Vorhaben ist eines der derzeit größten Stadtentwicklungsvorhaben des Landes Berlin. Auf rund 159 Hektar soll bis zum Jahr 2040 ein gemischt genutztes Quartier mit circa 8600 Wohneinheiten errichtet werden.
Zu Beginn der Bearbeitung durch Buro Happold und bgmr lagen im Jahr 2021 die Strukturplanung sowie ein konzeptueller städtebaulicher Entwurf des Büros yellowZ als Planungsgrundlage vor. Zusätzlich existierten bereits grobe Angaben zur Dichte, zum Nutzungsmix und zu den potenziellen Bruttogeschossflächen des zukünftigen neuen Stadtquartiers. Darüber hinaus lagen für das Climate Proofing relevante Angaben wie voraussichtliche Oberflächentypen sowie mögliche Energiekonzepte vor. Für weitere für den Klimaschutz relevante Themen, wie Bauweisen, Materialität oder zukünftige Modal Splits, wurden realistische Annahmen getroffen.
Für den Bereich Klimaschutz wurde in einem ersten Schritt eine Zielstellung gemäß den Dekarbonisierungszielen der Stadt Berlin definiert: ein klimaneutrales Quartier (im Betrieb) bis zum Jahr 2045. Anschließend wurden drei Szenarien mit unterschiedlichen Energieversorgungsvarianten (Geothermie, Photovoltaik, Luftwärmepumpen), Bauweisen (Anteile von konventioneller Stahlbetonweise, Holz-Beton-Verbundkonstruktionen, Holzbauweise) und Mobilitätsambitionen (auf Basis unterschiedlicher Modal Splits) modelliert und dabei auch CO2-Senken (Wald und baumbestandene Flächen, Grünflächen) im Quartier berücksichtigt (Bild 6). Die Ergebnisse der Berechnungen zeigten, dass ein klimaneutrales Quartier hinsichtlich des Gebäudebetriebs (Strom, Wärme) bereits frühzeitig realisierbar ist, während insbesondere in den Bereichen Mobilität und Konstruktion (graue Emissionen) Treibhausgase emittiert werden.
Parallel dazu wurden zur Klimawandelanpassung Mikroklimamodellierungen mit Fokus auf Hitzeinseln durchgeführt. Als Basismodell wurden zunächst das Bioklima an einem projizierten heißen Sommertag im Jahr 2045, das nächtliche Temperaturfeld und der Kaltluftvolumenstrom an einem Planfall auf Grundlage des städtebaulichen Rahmenplans modelliert. Aufbauend auf den Erkenntnissen aus der Planfall-Modellierung wurde der Städtebau als Planfall Plush in zu einer offenen, lockeren Bauweise optimiert, um eine Durchlässigkeit von Kaltluft in den Nachtstunden zu ermöglichen, und erneut eine Simulation durchgeführt (Bild 7).

Quelle: Buro Happold
Aus den Ergebnissen der CO2-Bilanzierung und der Mikroklimamodellierung (Bild 8) wurden Leitlinien formuliert, die in den weiteren Planungsschritten als Rahmen für Klimathemen dienen. Im Sinne des Climate Proofing wurde bei jeder Leitlinie geprüft, ob diese den Zielen des Klimaschutzes oder der Klimaanpassung entgegensteht oder ob entsprechende klare Synergien identifiziert und herausgearbeitet werden können.
Im gesamten Prozess wurden als partizipative Maßnahme sogenannte Projektarbeitskreise (PAK) mit bis zu 50 Teilnehmer:innen aus der Verwaltung sowie aus den Bezirken eingerichtet. Die Umsetzung erfolgte pandemiebedingt zum damaligen Zeitpunkt online. Ziel der PAK war es, unterschiedliche Fachabteilungen der Senatsverwaltung einzubinden und auf deren Expertise in Bilanzierung, Klimaanalyse und Leitlinienerarbeitung zuzugreifen. Dabei wurde deutlich, dass beispielsweise für effektiven Klimaschutz Zuständigkeiten einer Vielzahl von Akteur:innen gefordert sind – etwa im Bereich Hochbau, Verkehr, Grünflächen- und Regenwasserbewirtschaftung sowie Energieversorgung – und auch hier unterschiedliche Zielkonflikte verhandelt werden müssen. Ein Beispiel: Während sich beispielsweise der Ausbau von Fahrradwegen positiv auf die Mobilitätsemissionen im Quartier auswirken würde, muss hier gleichzeitig eine potenzielle zusätzliche Flächenversiegelung vermieden werden.
3.3 Hessen: Climate Proofing als Umsetzungshilfe für kommunale und private Klimamaßnahmen
In Hessen wurde Climate Proofing in fünf Kommunen als Teil des durch das Land Hessen finanzierten Projekts Klimaquartiere der Landesenergieagentur Hessen angewendet. In Zusammenarbeit mit Inno2Grid unterstützt Buro Happold fünf Kommunen in Nordhessen dabei, Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen im Sinne des Climate Proofing integriert zu denken und bei der Umsetzung vor Ort umzusetzen. Die Maßnahmen werden in Zusammenarbeit mit den Kommunen und der Bürgerschaft entwickelt, Fördermöglichkeiten werden geprüft und Beteiligungsformate umgesetzt. Gleichzeitig werden Kommunen via „verlängerte Werkbank“ unterstützt, zielgerichtete Ausschreibungen zu formulieren und bereits im jeweiligen kommunalen Haushalt festzulegen.
Die bisherigen Erfahrungen aus Hessen zeigen, dass Climate Proofing nicht nur als Analyseinstrument funktioniert, sondern auch bei der Umsetzung unterstützt und sich dabei gezielt an lokale Planungs- und Förderinstrumente wie die Hessische Klimarichtlinie anpasst. Erste Maßnahmen, die im Rahmen des Projekts umgesetzt werden, sind beispielsweise die Installation von PV-Modulen auf ausgewählten öffentlichen Gebäuden, Maßnahmen zur Starkregenvorsorge sowie zum Hitzeschutz für besonders vulnerable Gruppen. Neben der Umsetzung von kommunalen Maßnahmen richtet sich dieses Projekt auch an Privatpersonen, mit dem Ziel, Vorbehalte auszuräumen und die Motivation zur Umsetzung am eigenen Haus zu erhöhen. Climate Proofing richtet sich daher nicht nur an öffentliche Akteur:innen, sondern zeigt vielmehr, welches Potenzial auch im privaten Engagement für Klimaschutz und Klimaanpassung liegt.
4 Fazit
Die unterschiedlichen Planungsebenen von der internen Zusammenarbeit in Organisationen bis hin zu Konzeption, Planung und Umsetzung zeigen: Der Schlüssel zum Erfolg des Climate Proofing liegt in der Zusammenarbeit. Diese umfasst Fachabteilungen von Kommunen, Bezirksverwaltungen, externe Projektbeteiligte, Bürger:innen sowie lokale Interessenvertretungen und Vereine. Climate Proofing schafft mit seinem Ansatz eine Grundlage, um unterschiedliche Perspektiven zusammenzubringen und Maßnahmen zu entwickeln, die vor Ort wirken. Gleichzeitig trägt es dazu bei, Verantwortlichkeiten und Ansprechpartner:innen für Maßnahmen klar zu definieren. Durch die strukturierte Herangehensweise entstehen Konzepte mit hohem Potenzial zur Verstetigung. Dabei geht es nicht darum, zusätzliche Prozesse zu etablieren, sondern bestehende Planungsabläufe zu verknüpfen und mit dem Schwerpunkt der Klimagerechtigkeit weiterzuentwickeln.
Die zentralen Erfolgsfaktoren sind: (1) die frühzeitige Integration in städtische Planungsprozesse, (2) die Verankerung der integrativen Vorgehensweise in der interdisziplinären und ko-kreativen Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsbereichen und (3) die aktive Einbindung lokaler Akteur:innen in lokale Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse.
Climate Proofing etabliert sich so als dynamisches Werkzeug, das Klimaschutz und Klimaanpassung systematisch in die Stadtplanung integriert. Es dient nicht nur als planerisches Instrument, sondern auch als strategischer Hebel, um urbane Räume in resiliente, klimaneutrale und sozial gerechte Quartiere zu verwandeln.
Literatur
- United Nations Human Settlements Programme (2024) Cities and Climate Action, World Cities Report 2024. Nairobi: UN-Habitat. https://unhabitat.org/sites/default/files/2024/11/wcr2024_-_full_report.pdf
Autor:innen
Felicitas Leithner, felicitas.leithner@burohappold.com
Jill Theobald, jill.theobald@burohappold.com
Peter Scheibstock, peter.scheibstock@burohappold.com
Buro Happold, Berlin
www.burohappold.com







