Neu denken statt neu bauen

Suffizienz im Bauwesen – leichter getan als gedacht?

Suffizienz ist neben Effizienz und Konsistenz der dritte wesentliche Baustein für mehr Klimaschutz. Doch was bedeutet das konkret für das Bauen? Steht das Berufsbild eines Architekten oder einer Architektin im Widerspruch zur Suffizienz? Wohl kaum: Was viele irrtümlicherweise nur mit Weniger und Verzichten in Verbindung setzen, bedeutet genau genommen ein Umdenken und ein Umschichten, ein zukunftsfähiges (Um-)Bauen, ein noch gesamtheitlicheres Denken und Bauverständnis. Vier Beispiele aus der Praxis demonstrieren, wie eine echte, starke Nachhaltigkeit gelingen kann.

1 Notwendigkeit und Bedeutung

Längst hat sich gezeigt, dass Effizienzstrategien im Bauwesen nicht wie ursprünglich erhofft zu der erwünschten Reduktion absoluter Treibhausgasemissionen geführt haben – im Gegenteil: Rebound-Effekte reduzierten entweder das Einsparpotenzial von Effizienzsteigerungen oder machten gewonnene Einsparungen durch eine Zunahme des Konsums ganz zunichte (Bild 1). Effizienz stellt ohnehin neben Konsistenz und Suffizienz nur eine der drei Nachhaltigkeitsstrategien dar, und gerade Letzterer muss zukünftig mehr Beachtung geschenkt werden. Denn Suffizienzstrategien hinterfragen nutzungsspezifische Konsummuster, um soziale Gerechtigkeit innerhalb planetarer Grenzen zu ermöglichen. Im Gebäudebereich adressiert Suffizienz u. a. unseren Flächenkonsum, die Priorisierung von Bestandsnutzung, Lowtech-Ansätze, die Anpassbarkeit von Räumen und Gebäuden sowie ein angemessenes Nutzungsverhalten. Vereinfacht und verkürzt gesagt: ein Ausreichend- und Angemessensein.

Im Sinne einer starken Nachhaltigkeit (Bild 2) sollten demnach alle drei Strategien zur Anwendung kommen. Das bedeutet zunächst also, nur so viel zu bauen wie unbedingt notwendig (Suffizienz). Dann sollte das, was gebaut wird, aus nachwachsenden Rohstoffen und mit regenerativer Energie (Konsistenz) sowie mit effizienter Technik (Effizienz) umgesetzt und betrieben werden.

Erfahrungsgemäß kommt die oben beschriebene Suffizienz in der Praxis oft zu kurz, weil sie schwer zu definieren und zu greifen ist. Außerdem ist für ein Architekturbüro das Kerngeschäft das Bauen. Zugleich sind sich inzwischen immer mehr Planer der damit verbundenen Auswirkungen auf die ökologischen Systeme bewusst. Schließlich werden 35–40 % des Ressourcenverbrauchs in Deutschland der Bau- und Immobilienwirtschaft zugeschrieben. Um diesen Verbrauch von Rohstoffen und die Emission von Treibhausgasen weiter zu senken, arbeitet und plant werk.um bei seinen Bauprojekten – und auch innerhalb des eigenen Bürobetriebs – nach eigenen Grundsätzen und Werten (Bild 3). Das heißt, werk.um bemüht sich immer, den Aspekt der Suffizienz besonders zu berücksichtigen, um den CO2-Verbrauch durch seine Arbeit gering zu halten und wirklich nachhaltige Projekte zu realisieren. Und dafür gibt es durchaus Strategien.

2 Vier Thesen, vier Beispiele

Anhand verschiedener Projekte hat werk.um untersucht, wie es gelingen kann, mit keinem oder nur so wenig Neubau wie notwendig unsere zur Verfügung stehenden Ressourcen besser zu nutzen. Für den Bestand und auch den Wohnungsneubau etwa bedeutet das, diesen mit wenig Ressourcenverbrauch so zu verändern oder so zu bauen, dass insgesamt eine vielfältige und flexible Nutzung, mehr Wohnfläche und gleichzeitig eine hohe Wohnzufriedenheit entstehen können. Für z. B. während einer Sanierung notwendige Interimslösungen als Ausweichquartiere bedeutet es wiederum, diese so flexibel, einfach und zugleich qualitativ hochwertig zu errichten, dass sie nach ihrem Ersteinsatz problemlos ab- und an vielen anderen Standorten wieder aufgebaut werden können – wiederum zur Überbrückung oder dann als dauerhaftes Gebäude.

Aus Projektplanungen und teils vorherigen Analysen entstanden vier Thesen:

  • These 1: Struktureller Umbau von Bestandswohnungen mit Anpassung an aktuelle und zukünftig mögliche Lebensmodelle kann Fläche sparen und gleichzeitig die Wohnzufriedenheit erhöhen.
  • These 2: Gezielt ausgerichtete Nachverdichtung ermöglicht eine sozialverträgliche und wirtschaftlich tragbare Verteilung und reduziert Fehlbelegungen.
  • These 3: Der Neubau bezahlbaren, nachhaltigen und veränderbaren Wohnraums ist möglich – dank Suffizienz, Konsistenz und Effizienz im Einklang miteinander.
  • These 4: Vom Grundstück unabhängige Bauweise ermöglicht die zeitweise Nutzung von Standorten – Ressourcen können ohne Verluste andernorts wieder eingesetzt werden.

Nachfolgende vier Beispiele aus dem Architektenalltag unterstützen die jeweils genannte These.

2.1 Exempel „Umbauen und Umschichten im Bestand, ganz ohne Neubau“

Der Ansatz, die Wohnflächeneffizienz zu erhöhen und ohne Neubau mehr Menschen im Baubestand wohnen zu lassen, wird bisher weder planerisch noch (bau-)politisch oder gesamtgesellschaftlich ausreichend verfolgt, geschweige denn gefördert. Doch das Potenzial ist riesig. Wenn es bspw. gelänge, den durchschnittlichen Wohnflächenverbrauch von 47,7 m2/Person (Stand 2022) nur um 1 m2 zu senken, wären rd. 84.000.000 m2 Wohnfläche in Deutschland frei. Doch der den Wohnflächenverbrauch bestimmende Bestand wird bisher fleißig gedämmt, vielleicht modernisiert – selten aber so umgebaut, dass nach dem Umbau mehr Menschen (im besten Fall genauso viele) auf gleicher Fläche wohnen können.

Dabei ist dringend Handlungsbedarf geboten: Eine Studie des Umweltbundesamts von 2019 untersuchte anhand verschiedener Szenarien, welche Maßnahmen notwendig sind, um das 1,5-Grad-Ziel in Deutschland noch einzuhalten [1]. Das einzig funktionierende Szenario war dabei eines, in dem weitreichende Maßnahmen in allen drei Nachhaltigkeitsstrategien umgesetzt werden. Konkret heißt das, die Wohnfläche pro Kopf müsste bis 2050 auf 41 m2 sinken. Bislang steigt sie jedoch stetig weiter an und auch seit 2019 ist nicht ansatzweise so viel passiert wie laut Studie notwendig. Es stellt sich also die Frage, ob eine Senkung auf 41 m2 aktuell überhaupt noch ausreichend wäre.

Wichtig ist: Immer nur neu zu bauen, mag vielleicht als kurzfristige Lösung einzelner Probleme sinnvoll erscheinen, langfristig löst dies jedoch keines unserer Probleme. Viel mehr Erfolg verspricht daher, ganzheitlich zu denken und bei Gebäudekonzepten immer auch zu berücksichtigen, welche Lebensstile sie ermöglichen.

Das Forschungsprojekt OptiWohn [2, 3], an dem werk.um mit beteiligt war, ging der Frage nach, wie eine optimierte Nutzung der Wohnfläche proaktiv gefördert werden kann. Daraus entstand ein Pilotprojekt im Berliner Viertel der Wohnungsbaugesellschaft ­gewobau in Rüsselsheim (Bild 4). Es zeigt, wie sich allein mit Bestandsgebäuden aus den 1950/60er-Jahren ein ganzes Quartier umbauen und zukunftsfähig machen lässt. Über Umfragen unter der Bewohnerschaft und über eine Analyse der bestehenden Grundrisstypologien der ca. 1100 Wohnungen ließ sich zuvor eine Strategie des Umschichtens ableiten – basierend u. a. darauf, dass in dem Quartier zwischenzeitlich ältere Mieterinnen und Mieter allein in ihren Mehrzimmerwohnungen leben und Bedarf an barrierefreiem, kleinerem Wohnraum existiert.

Der erarbeitete Vorschlag, der nun zunächst in einem Gebäuderiegel anhand eines Reallabors umgesetzt werden soll, reagiert auf die Anforderungen der Bewohnerinnen und Bewohner, indem im Erdgeschoss barrierefreie Wohnungen hergestellt werden (Bild 5). Eine Clusterwohnung im ersten Obergeschoss mit kompakten Wohneinheiten bei geringer Wohnfläche pro Person (28,5 m²) soll als gemeinschaftliche Wohnform dienen und sowohl Kontakte und ein Miteinander über eine großzügige Gemeinschaftsfläche fördern als auch Rückzug in die privaten vier Wände ermöglichen (Bild 6). Im zweiten und dritten Obergeschoss befinden sich dann (auch von den benachbarten Bewohnerinnen und Bewohnern im Rüsselsheimer Viertel) zubuchbare Räume – bspw. als Gästezimmer oder als zeitweises Arbeitszimmer. Dieser Mehrwert, auch wenn er zunächst nur bei einem Mehrfamilienhaus angeboten wird, soll sich positiv auf das ganze Quartier und somit den Wohnflächenbedarf auswirken (Bild 7): Die Wohnraumgröße umliegender Gebäude kann sinken.

2.2 Exempel „Umschichten im Bestand durch zielgerichtetes Nachverdichten“

Eine ursprünglich geforderte Aufstockung in der Antoniterstraße im Norden von Hanau (Bild 8) war wirtschaftlich nicht sinnvoll, da eine umfangreiche tragwerksplanerische Ertüchtigung der Zwei- und Dreispänner – mit großzügigen Wohnungen aus den 1960er-Jahren – und eine Umplanung der Haustechnik notwendig gewesen wären. Auch wären solche Baumaßnahmen im bewohnten Zustand der Gebäude komplex gewesen. Daher wurde das bestehende Quartier genauer unter die Lupe genommen und großzügige, vorhandene Baulücken identifiziert. Diese konnten mit flächeneffizienten Neubauten mit ausnahmslos kleinen, barrierefreien Wohneinheiten nachverdichtet werden. So kam es innerhalb des Quartiers zur erhofften Dynamik: Die Langzeitmieter im Quartier (Ein-/Zweipersonenhaushalte) konnten innerhalb ihres gewohnten Umfelds in für sie zwischenzeitlich passendere, barrierefrei zugängliche Wohnungen umziehen, ohne das Viertel verlassen zu müssen. Die großen Wohnungen im Bestand wurden für junge Familien mit höherem Flächenbedarf frei und saniert. So entstanden bezahlbarer Wohnraum für alle und eine belebte Mehrgenerationensiedlung.

Auch wenn eine Bestandsertüchtigung zunächst immer vorzuziehen ist, zeigt dieses Beispiel, dass auch ein Neubau nachhaltigen Zielen gerecht werden kann, wenn dieser nicht als einzelnes Gebäude, sondern in einem größeren Kontext gedacht wird und eine entsprechend positive Auswirkung auf umliegende Gebäude oder ganze Quartiere hat. Für Wohnungsbaugesellschaften mit ihrem großen Bestand an Mietwohnungen bedeutet dies, dass deren mögliche Rolle als Gamechanger erkannt wird und sie zukünftig die wichtige Aufgabe annehmen, mit eigentlich wenigen Mitteln die Potenziale im Bestand auszunutzen.

2.3 Exempel „Bezahlbarer und zukunftsfähiger Wohnraum im Neubau“

Der 2017 realisierte Genossenschaftsbau K76 e.G. in Darmstadt ist als eine resiliente, innerstädtische Struktur konzipiert, die sich an verschiedene Entwicklungen anpassen kann, die veränderbar ist und bleibt (Bilder 9, 10). Dadurch ist die Nutzung für vielfältige Nutzergruppen möglich: Familien, Alleinstehende, Alt und Jung, finanziell besser wie auch schlechter Gestellte. Die ursprünglich 14 Wohneinheiten im Haus sind so gestaltet, dass sie sowohl für sich als auch gekoppelt genutzt werden können. Die Massivbauteile der Tragstruktur als Betonskelett sind auf das Nötigste reduziert, der Ausbau in Leichtbau ermöglicht maximale Flexibilität. Beispielsweise können zwei Einheiten nebeneinander oder auch übereinander genutzt, Verbindungen und Treppen einfach hergestellt und auch wieder rückgebaut werden. So lässt sich kurzfristig im Zuge eines Familienzuwachses auf den sich verändernden Raumbedarf der Bewohnerschaft reagieren – und so lässt sich auch in den folgenden Jahren die individuelle Wohnfläche anpassen, wenn z. B. die Kinder ausziehen oder die eigenen Eltern nebenan mit Verbindungstür einziehen.

Weiterhin verfügt jede Wohneinheit nur über einen Strom- und einen Kaltwasseranschluss, das Warmwasser wird über Durchlauferhitzer innerhalb jeder Wohnung erzeugt. Infrarotstrahler beheizen das hochgedämmte Nur-Strom-Haus – ein Konzept, das im Rahmen einer umfänglichen Forschung wissenschaftlich begleitet und auf Sinnigkeit untersucht wurde [4, 5] und sich inzwischen in der Nutzung über die Jahre hinweg bewährt hat. Dieser Lowtech-Ansatz ist zum einen kosten- und wartungsarm, zum anderen versetzt er die Bewohner in die Lage, ihren Energieverbrauch in hohem Grad selbst zu steuern. Die Infrarotheizkörper reagieren sehr schnell und erzeugen mittels Strahlungswärme eine angenehme, direkte Wärme.

Das Beispiel zeigt, dass auch ein Neubau unter bestimmten Vo­raussetzungen seine Berechtigung hat: Insbesondere, wenn er zukunftsorientiert funktioniert, also flexibel auf zukünftige Bedürfnisse reagieren kann.

2.4 Exempel „Mobile Immobilien auf temporär nutzbaren Grundstücken“

Eine Immobilie kann zu einer Mobilie werden – zu einem flexiblen Gebäude. Was man, um zeitlich begrenzte Bedarfe abzudecken, mit vermietbaren Stahlcontainern seit Jahrzehnten vormacht, kann auch nachhaltiger gelingen: konstruiert in hochwertiger Holzbauweise, können etwa Schulgebäude mit im Innern großzügigen Lernlandschaften auf Wanderschaft gehen und an wechselnden Standorten eingesetzt werden. In Prüm in der Eifel bspw. benötigten die ca. 800 Schüler und Schülerinnen des Regino-Gymnasiums eine Ersatzschule für die Zeit, in der ihr altes Schulgebäude – ein denkmalgeschütztes, ehemaliges Benediktinerkloster im Zentrum von Prüm – saniert wird (Bilder 11–13). Die Standardantwort auf eine solche Aufgabe, die Bereitstellung von Containern, wurde aufgrund der mutigen Entscheidung des Eifelkreises Bitburg-Prüm zugunsten eines flexiblen Bausystems aus 266 Holzmodulen verworfen. Auf einem Sportplatz am Stadtrand entstand so bis zum Frühjahr 2023 ein Interimsgebäude, das während der Dauer der Sanierung – voraussichtlich vier bis fünf Jahre – genutzt wird. Danach werden die hochgedämmten Holzmodule in Passivhaus-Standard (Gebäudetechnik in Anlehnung daran) demontiert und – aufgeteilt auf vier andere Schulstandorte und als kleinere Versionen des Interimsgebäudes zusammengesetzt (Bild 14) – ein neues und dauerhaftes Leben erhalten. Und der Sportplatz wird wieder als solcher bespielt.

Die Holzmodule wurden so geplant und konstruiert, dass sie sich schnell ab- und wieder aufbauen lassen und maximal flexibel zu kombinieren sind, was sowohl die gewünschte Geschossigkeit als auch die Grundrissanordnung betrifft. Auch die hoch ausgestattete Technik wird bereits den Nachfolgestandorten und dem Ziel des Eifelkreises der Klimaneutralität 2030 gerecht. Das Gebäude verfügt somit bereits jetzt über fünf Leben: zunächst als Interimsnutzung und danach noch als dauerhafte Erweiterung an vier weiteren Schulstandorten. Und wer weiß, wie sich in Zukunft die Bedarfe noch verändern … Weiteren Umzügen oder auch einer Nutzungsänderung steht baulich auf jeden Fall nichts im Weg.

3 Hoffnungen und Lösungen

Zugegeben, es ist schwierig, ganzheitliche Konzepte und unterschiedlichste Belange zu vereinen. Das Umdenken hin zu Suffizienz, zu einer Benennung eines Pro-Kopf-Verbrauchs anstelle eines Objektverbrauchs und hin zum besseren Umgang mit dem Bestand muss auf verschiedenen Ebenen erfolgen: von der Ausbildung an Schulen und Hochschulen über Kommunikation und Veröffentlichungen bis zu Vergabeverfahren von Gebäudeentwürfen und nicht zuletzt zu Vorgaben der Politik etwa beim Planungsrecht. Beispielsweise bedarf jede Veränderung der Wohnform in Richtung Flexibilität und Anpassungsfähigkeit durch Schalträume neuer Umnutzungsanträge bzw. Bauanträge, im schlechtesten Szenario noch der Erfüllung eines neuen Stellplatzes. Gegenüber dem Aufwand und der Wirkung der Einzelmaßnahme ist das eine zu große Hürde. Außerdem könnte man im Planungsprozess analog zum Nachweis der Barrierefreiheit auch einen Suffizienznachweis einfordern.

Anfang 2022 hat sich werk.um anlässlich der Aussage von Bundesbauministerin Klara Geywitz, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen zu wollen, veranlasst gefühlt, einen offenen Brief zu schreiben [6] (Bild 15). (Anm.: Dem offenen Brief hinzugefügt wurde, zur Verdeutlichung des Themas, die Geschichte über Einsiedlerkrebse Tauschfest am Strand, die demonstriert, was Suffizienz bedeutet [7].) Das Unternehmen appellierte an ganzheitliche Konzepte, die alle Belange des Lebens im Kontext betrachten, an nachhaltige Lösungen auf allen Ebenen – und wurde überraschenderweise zu einem gemeinsamen Online-Gespräch eingeladen, in dem werk.um seine Anliegen persönlich loswerden konnte: den vorhandenen Wohnraum im Sinne einer Kosteneinsparung und mehr Ressourcenschutz besser zu verteilen und nicht immer weiter neu zu bauen.

Über den positiven Zuspruch von Klara Geywitz war werk.um überrascht, ebenso wie über das auch auf politischer Ebene bereits vorhandene Wissen zu diesem Thema. Zugleich sind werk.um architekten aber auch nicht die Ersten gewesen, die sich damit an die Bundesministerin gewendet hatten – auch in den Architektenkammern, bei Architects for Future und vielen anderen Vereinigungen ist das Thema längst angekommen. In der öffentlichen Wahrnehmung und auf politischer Ebene ist es jedoch noch kaum verbreitet. Das ist teilweise nachvollziehbar, solange Politikerinnen wie sie auf eine Aussage zur Wichtigkeit einer nicht weiter steigenden Wohnfläche pro Person mit Titeln wie Klara Geywitz, der Quadratmeterschreck [8] abgestraft werden.

Es ist jedoch umso bedeutender, dass solche Aussagen von der Politik und in der Öffentlichkeit getätigt werden und so – hoffentlich – nach und nach auch ein öffentliches Umdenken stattfindet. Schließlich geht es nicht nur um Verzicht und um ein Weniger, sondern vielmehr auch um ein Miteinander und einen ökologischen und sozialen Mehrwert, dessen Abstinenz nicht auf Kosten einer zukünftigen Generation lasten darf. Dafür ist es wichtig, zu kommunizieren, was möglich ist. Die positiven Beispiele zu zeigen, die es gibt. Mutige Entscheider und aufgeschlossene Bauherren vorzustellen, die neue Wege gehen, die hinter einem vermeintlich zu hohen Aufwand den immensen Nutzen erkennen. Und die wie im Fall der gewobau bereit sind, neue Geschäftsmodelle zu testen und vom reinen Vermieter in die Rolle eines Wohnraummanagers zu schlüpfen. Zudem ist es wichtig, insbesondere Skeptikern mit Anreizen und Förderungen zu begegnen. Dann ist es tatsächlich leichter getan als gedacht.


Literatur

  1. Purr, K. et al. (2019) Wege in eine ressourcenschonende Treibhausgasneutralität – Rescue: Langfassung [online]. Climate Change 36. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt. www.umweltbundesamt.de/rescue
  2. OptiWohn (o. J.) Forschungsprojekt OptiWohn – Quartierspezifische Sondierung und Entwicklung innovativer Strategien zur optimierten Nutzung von Wohnflächen (gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in der Initiative Ressourceneffizienz Stadtquartiere (RES:Z), Teil der Leitinitiative Zukunftsstadt im Rahmen des Programms Forschung für nachhaltige Entwicklung – FONA3) [online]. Wuppertal: Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH. www.wohnen-optimieren.de
  3. Fritzenwallner, C. (2022) Schlummernde Potenziale wecken. db deutsche bauzeitung, H. 7, S. 66–71. www.werkum.de/download/db_2022-0S1_Schlummernde_Potenziale_wecken_s66_71.pdf
  4. Heider, J.; Stark, T. (2019) Infrarotheizsysteme zur Wärmeversorgung – erste Monitoringergebnisse aus dem Forschungsprojekt IR-Bau in: Energieinstitut Vorarlberg [Hrsg.] economicum – Leistbares und energieeffizientes Wohnen. economicum Session 7, Dornbirn 2019, 25. September 2018. S. 52–56. www.energieinstitut.at/pdfviewer/economicum_themenband-7
  5. Heider, J. (o. J.) IR-Bau – Potenzial von Infrarot-Heizsystemen für Hocheffiziente Wohngebäude [online]. Konstanz: HTWG Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung. www.htwg-konstanz.de/forschung-und-transfer/institute-und-labore/energie/forschung/ir-bau
  6. werk.um (2022) Darf’s ein bisschen weniger sein? db deutsche bauzeitung, H. 5, S. 3. www.werkum.de/download/db0522_S3_Kommentar.pdf
  7. Marlatt, J. (o. J.) Tauschfest am Strand [online]. Darmstadt:
    werk.um. www.tauschfest.de
  8. Mössbauer, K.; Sedlmayr, E. (2022) Klara Geywitz, der Quadratmeterschreck [online]. BILD.de, 15. Juli 2022. Berlin: Axel Springer Deutschland GmbH. www.bild.de/politik/inland/politik-inland/bauministerin-geywitz-will-dass-wir-in-kleineren-wohnungen-leben-der-quadratmete-80703214.bild.html

Autor:innen

Anne Kettenburg, M.Sc., a.kettenburg@werkum.de
Architektin, Projektleiterin Holzmodulbau,
Geschäftsleitung werk.um, Darmstadt

Dipl.-Ing. (FH) Architektur Christine Fritzenwallner,
c.fritzenwallner@werkum.de
Redakteurin, Nachhaltigkeitskommunikation werk.um, Darmstadt
www.werkum.de

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