„Bauturbo“ im Bundestag
Am Donnerstag, den 10. Juli 2025, wurde im Bundestag der Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung („Bauturbo“) in erster Lesung beraten.
Architects for Future Deutschland e.V. kritisiert den Entwurf scharf und sieht darin eine Gefahr für den Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und die Qualität der Stadtentwicklung. Zudem warnt die Organisation: Kommunen werden durch die Reform zu passiven Genehmigungsinstanzen degradiert, statt die Werkzeuge zu erhalten, mit denen sie aktiv und vorausschauend Stadtentwicklung steuern können.
„Wir brauchen schnelleren Wohnungsbau – aber nicht um jeden Preis“, sagt Leon Beck, Vorstandsvorsitzender von Architects for Future. „Der Gesetzentwurf setzt einseitig auf Beschleunigung und schwächt zugleich die demokratische Planungskultur, den Schutz des Bestands und die soziale Steuerungsfähigkeit der Kommunen. So werden die Probleme der Wohnungskrise eher verschärft als gelöst.“
Elisabeth Broermann von Architects for Future ergänzt: „Wir kommen aus einer Zeit des Neubaus – das Baugesetzbuch entstand für den (Wieder-)Aufbau und Stadtteil-Neugründungen in den Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahren. Heute brauchen wir ein BauGB für den Stadt-Umbau, Klimaanpassung und Klimaschutz.“
Kritikpunkte im Überblick:
- Abriss statt Umbau: Die vorgesehenen Regelungen fördern Abriss und Neubau, obwohl der Erhalt und die Transformation des Bestands klimapolitisch dringend notwendig wären.
- Bodenspekulation und Verdrängung: Der „Bauturbo“ heizt die Bodenpreise an und begünstigt renditeorientierte Projekte statt bezahlbarem Wohnraum.
- Aushöhlung der Beteiligung: Kommunale Steuerung und öffentliche Mitsprache werden durch verkürzte Verfahren und Einzelfallentscheidungen massiv eingeschränkt.
- Gefährdung der Klimaziele: Graue Energie und Ressourcen werden nicht berücksichtigt, nachhaltige Stadtentwicklung gerät ins Hintertreffen.
- Fehlende Steuerungsinstrumente für Kommunen: Städte und Gemeinden brauchen Werkzeuge, um aktiv Stadtentwicklung betreiben zu können, statt nur auf Anträge von Investor:innen zu reagieren.
Die Kritik an den aktuell geplanten Neuerungen bedeutet jedoch nicht, dass aus den Reihen vor Architects for Future Zustimmung für den Status Quo kommt. „Was wir brauchen, ist ein echtes Umbaugesetzbuch, das Umnutzung und Nachverdichtung beispielsweise durch Aufstockung fördert, statt klimaschädlichen Neubau in den Fokus zu rücken.“, so Andrea Bitter von Architects for Future.
Architects for Future fordert:
- Sanieren statt Spekulieren: Fokus auf Umbau statt Neubau, Beschleunigung nur für Bestandstransformation und flächensparende Innenentwicklung. Die Ertüchtigung des Bestands muss baurechtlich, wie auch steuerlich gefördert werden.
- Klimagerechte Leitplanken: Schutz von Ressourcen und Klimaanpassung müssen gesetzlich verankert werden.
- Soziale Standards sichern: Wohnraum muss bezahlbar bleiben – keine Liberalisierungen ohne klare Gemeinwohlbindungen.
- Demokratie und Qualität stärken: Beteiligungsverfahren dürfen nicht ausgehöhlt werden.
- Kommunale Steuerung ermöglichen: Kommunen brauchen starke Instrumente für aktive Stadtentwicklung, nicht nur die Möglichkeit, auf Bauanträge zu reagieren.
„Eine zukunftsfähige Baugesetzgebung muss schneller und besser sein und bedarf einer Flankierung durch steuerliche Instrumente, wie beispielsweise von Architects for Future und europaweit durch die Initiative HouseEurope! entwickelt.“, fasst Beck zusammen.“ Nur so kann Wohnen wieder sozial gerecht, klimagerecht und gemeinwohlorientiert werden.”
Appel an den Bundestag
Architects for Future Deutschland e.V. appelliert an den Bundestag, den Entwurf grundlegend zu überarbeiten und Klimaschutz, soziale Verantwortung und die Perspektive der Planungspraxis einzubeziehen. Bereits im Oktober 2024 hatte sich Architects for Future gemeinsam mit einem breiten Bündnis aus über 20 Architektur-, Planungs-, Mieter:innen- und Umweltverbänden mit einem Appell zum Bauturbo-Stopp an die Bundesregierung gewandt.
Auch die erneute Kritik der zahlreichen Stellungnahmen zum Referentenentwurf aus der Planungspraxis (u.a. auch von A4F) wurde bis heute nicht gehört.