Als Energieingenieur im Dialog mit der KI

Energieingenieure beschäftigen sich mit der Planung und Auslegung von Energiesystemen für Gebäude, Liegenschaften, Stadtteile oder Quartiere. Den Anschluss an moderne und zeitgemäße Energiesystemplanung kann man aufgrund der sich schnell entwickelnden technischen Möglichkeiten, deren Wechselwirkungen untereinander und wirtschaftlich-politischen Rahmenbedingungen wie Energiepreise oder Fördermöglichkeiten schnell verlieren. Das stellt für viele einen immer dichter werdenden Dschungel dar, der nur noch schwer zu durchblicken ist.
Wer soll das stemmen? Ein durch Fachkräftemangel erzeugtes Fehlen an Experten und die zunehmende Menge und Komplexität an zu bewältigenden Aufgaben erfordern ein Umdenken. Zeit für neue Wege, Zeit für … ja: KI. Aber was heißt das eigentlich konkret?
Es ist doch so: Die klassische Planung ist zäh. Man sitzt wochenlang im Büro, schaufelt Zahlen, bastelt Präsentationen, geht dann mit zögerndem Lächeln zum Kunden, um dann eigentlich immer festzustellen: Das passt nicht! Die Annahmen waren falsch. Das Ganze muss neu gerechnet werden.
Und so geht es los: Endlosschleife mit Wartezeiten, Nachbesserungen und Frust. Keine Zeitersparnis in Sicht, nur Aufwand, Kosten und Konflikte, die sich summieren. Wie können wir das besser machen?
Wie so oft kommt hier die künstliche Intelligenz ins Spiel, oder besser gesagt: der Austausch mit ihr. Denn anders als starre Software antwortet KI im Dialog: Fragen stellen, Antworten bekommen, anpassen, nachhaken, manipulieren, individualisieren, vergleichen. Und zwar in Echtzeit. Planung läuft plötzlich nicht mehr schleppend, sondern wie ein lebendiger Schlagabtausch. Denn der Punkt ist doch: Geschwindigkeit und Flexibilität verändern alles. Valide Entscheidungsgrundlagen werden so in einem Bruchteil der Zeit generiert. Bei aller Euphorie müssen wir aber realistisch bleiben.
Die KI kann das alles nicht selbstständig bewerkstelligen. Die Ergebnisse sind nie zu 100 % korrekt, die „Blackbox“, in die wir blicken, bleibt eine Herausforderung. KI kann halluzinieren, also falsche Antworten liefern. Egal ob 50.000 € oder mehrere Millionen, es geht immer um viel Geld. Wer eine Energiezentrale bauen möchte, will nicht nur ein plausibles Ergebnis, sondern nachvollziehbare, belastbare Zahlen. Also blind vertrauen? Bitte nicht! Besser: Sachverstand und Erfahrung aktiv im Dialog einsetzen. Als Planer müssen wir uns auf eine neue Arbeitsweise einstellen: Denn KI erlaubt uns, Konzepte schon im (Kunden-)Workshop zu diskutieren, auf den Punkt und in der Tiefe. Keine stundenlangen Nachbereitungen mehr, sondern sofortige Anpassungen, Echtzeit-Checks, direkte Antworten. Das macht nicht nur schneller, sondern auch besser. Und vor allem: Es macht Spaß. Man ist dabei, kann reagieren, hinterfragen, Entscheidungen mitgestalten.

Für die Energiesystemplanung haben wir bei der DBI AG dazu die KI-basierte Software „berta & rudi“ erschaffen: Sie erzeugt aus Gebäudedaten wie z. B. Standort, bebaute Fläche, Anzahl der Stockwerke, Fensterflächenanteil, Sanierungszustand und weiteren optionalen gebäudespezifischen Daten in wenigen Minuten präzise Energiebedarfsprognosen und liefert verschiedene, vom Optimierungsziel abhängige Energiekonzepte für Gebäude aller Art (Bild 1). Es können Live-Varianten von Komponenten wie Photovoltaik, Wärmepumpen, Biomasse und Speichern angepasst und Auswirkungen auf Entwurfskriterien wie z. B. Kosten verglichen werden. berta ist die dabei KI-gestützte Komponente, die auf Basis von Millionen simulierter Gebäudedatensätze stundengenaue Bedarfsprognosen je Gebäude oder Quartier erstellt. rudi nutzt anschließend mathematische Optimierung, um aus diesen Prognosen konkrete Versorgungslösungen zu entwickeln und dabei die beste Variante im gegebenen Rahmen auszuwählen. Alle Beteiligten sind mit im Boot, sie verstehen die Zusammenhänge und stehen hinter der Lösung. Die Sorge davor, „wegrationalisiert zu werden“, ist dabei unbegründet. KI ersetzt keinen Ingenieur, aber sie fordert Verstand und Expertise, um mit ihr im Dialog zu arbeiten. Sie macht den Job smarter: mit Tempo, Transparenz und echtem Austausch. KI sprengt starre Denkmuster und bringt eine echte Prozessdisruption, die nur funktioniert, wenn kluge Köpfe sie steuern.
Stuttgarter Nachhaltigkeitsstammtisch
Termin: jeder letzte Dienstag im Monat, 18 Uhr
Ort: online, MS Teams
Kontakt: sustainability@knippershelbig.com
Autor:in
Dr.-Ing. Bernd Petraus, bernd.petraus@tmm-group.de
Founder & CTO bei der DBI AG, berta & rudi, Esslingen am Neckar
www.berta-rudi.com