The Institution of ­Structural Engineers zum Klimaschutz

Die britische Institution of Structural Engineers bietet auf ihrer Webseite umfangreiche Informationen unter dem Stichwort Climate emergency an. Diese sind, nomen est omen, primär für Tragwerksplaner:innen gedacht.

Bild 1 Auszug aus der Sustainability Ressource Map der britischen Institution of Structural Engineers
Grafik: IStructE

Die Klimakrise wird dort als größte Bedrohung für unseren Planeten bezeichnet. Tragwerksplaner:innen haben eine Verantwortung zu helfen, deren Effekte zu begrenzen, indem die Art, wie Gebäude und Infrastruktur geplant, vergeben und gebaut werden, geändert wird. Dazu gibt es vielfältige Informationen und Hilfsmittel rund um das Thema Klimaschutz und Bauen. Diese werden offensichtlich regelmäßig ergänzt und sind weitestgehend kostenfrei einsehbar und als PDF downloadbar.

In Kapitel 1 Get informed wird zuerst die aktuelle Arbeit der Climate Task Group vorgestellt. Beeindruckend ist hier insbesondere die große Anzahl an Ingnieur:innen, die sich ehrenamtlich einbringen. Weiters werden Verantwortung und Aufgaben der Tragwerksplaner:innen beim Klimaschutz allgemein, bei der Bewahrung der Biodiversität oder zum Erreichen der UN Sustainable Development Goals beschrieben. Auch wichtig: ein Glossar beschreibt die wichtigsten Begriffe zur Nachhaltigkeit für Ingenieur:innen.

Kapitel 2 Low carbon startet mit der Aussage, dass neben Tragwerkssicherheit und Kosten ebenso der CO2-Footprint berücksichtigt werden muss. Dies wäre ein Paradigmenwechsel, der sicher noch nicht in der Breite der Büros bei uns angekommen ist und vielleicht auch regulativ unterstützt werden müsste. Nichtsdestotrotz sind hier die Entwicklungen absehbar und jede:r Ingenieur:in kann bereits heute aktiv werden. Es gibt Hilfen und Hinweise zur Ermittlung des CO2-Footprints von Bauteilen, ein Structural Carbon Tool sowie konkrete Informationen für Holz, Stahl und Beton.

In Kapitel 3 Lean design geht es darum, wie durch effiziente Bemessung der Materialeinsatz reduziert werden kann, ohne dass Abstriche bei der Sicherheit gemacht werden müssen. Es gibt verschiedene Tipps, wobei vielleicht Überlegungen besonders interessant sind, beim Lean Design statt auf Optimierung auch auf begründete Überlegungen zu setzen – vielleicht ist Ingenieurverstand hierfür die bessere Umschreibung. Weiter gibt es eine Sensibilitätsstudie zu Stützen-Deckensystemen aus Beton, Stahlverbund und Holz sowie Vorschläge für Holztragwerke und Schalenkonstruktionen – beide jedoch kostenpflichtig.

Kapitel 4 Zero waste behandelt Entwurf und Bemessung von Tragwerken, indem vor allem auf die Möglichkeiten von Recycling und Wiederverwendung geachtet wird. Das Spektrum ist groß und reicht von Möglichkeiten der Modernisierung über die Berechnung, Verstärkung oder Erweiterung von Bestandsstrukturen bis zur Wiederverwendung von Stahlbauteilen.

Im nachfolgenden Kapitel 5 Influence the brief geht es darum, wie Bauherren und Partner für Tragwerke mit möglichst geringem CO2-Footprint und minimalen baulichen Eingriffen gewonnen werden können. Es wird u. a. deutlich gemacht, dass dabei immer die konkrete Gesamtsituation gesehen werden muss und nicht die CO2-Optimierung einzelner Bauteile oder Strukturen. Auch wird die Frage, ob Gebäude mit geringem CO2-Footprint nur etwas für gut betuchte Idealisten sind, diskutiert. Argumente und individuelle Ziele einiger Büros in Richtung CO2-Reduzierung geben Anregungen.

Schließlich wird in Kapitel 6 Get involved gezeigt, wie die Institution of Structural Engineers den Ideenaustausch zum Klimaschutz fördert und für Änderungen wirbt. Eine R&D-Agenda skizziert eine Sichtweise auf den weiteren Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Ein regionales Netzwerk in UK und weltweit sowie eine Young Members’ Group zeigen Möglichkeiten des Austauschs auf.

Last but not least werden in Kapitel 7 Project case studies entsprechende Projekte vorgestellt:

  1. Ein klimapositives Gebäude mit lokalen Materialien
  2. Planung und Bau einer Fußgängerbrücke mit CO2-Bilanz
  3. Ein Bürogebäude mit geringem CO2-Fußabdruck, in Passivhaus-Standard und mit BREEAM Outstanding
  4. Die Weiterverwendung und Erweiterung eines Bürogebäudes einschließlich notwendiger Verstärkungen
  5. Das WWF-UK Mehrzweckgebäude mit beispielhafter Nachhaltigkeit
  6. Ein neues Bürogebäude, welches bestehende Fundamente und Kellergeschosse von Vorgängerbauten nutzt und mit materialeffizienten neuen Tragwerksteilen wirbt

Auch wenn nicht alle für Großbritannien geltenden Regeln und Untersuchungen direkt übernommen werden können, lohnt es sich insbesondere für Tragwerksplaner:innen, die Seiten der Institution of Structural Engineers zu durchstöbern. Weitere, überwiegend kostenfreie Informationen unter www.istructe.org/resources/climate-emergency.


Autor

Dr. Bernhard Hauke
bhauke@wiley.com

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