Wohnen in Städten aus Holz könnte Emissionen vermeiden – ohne Ackerland für die Holzproduktion zu nutzen

Foto: Caroline Grondin/Unsplash

Eine wachsende Bevölkerung in Häusern aus Holz – anstatt aus Stahl und Beton – unterzubringen, könnte bis zum Jahr 2100 mehr als 100 Mrd. t Emissionen des Treibhausgases CO2 einsparen, so das Ergebnis einer neuen Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Das entspricht etwa 10 % des verbleibenden Kohlenstoffbudgets für das 2-Grad-Klimaziel. Für die Versorgung mit Bauholz werden neben natürlichen Wäldern neu angelegte Holzplantagen benötigt. Diese Art der Landnutzung beeinträchtigt nicht die Nahrungsmittelproduktion, so die Forschenden. Sie kann aber zu einem Verlust der Artenvielfalt führen, wenn sie nicht sorgfältig gesteuert wird. Die Studie ist die erste, die die Auswirkungen eines groß angelegten Übergangs zu Holzstädten auf die Landnutzung, die Emissionen aus veränderter Landnutzung und die langfristige Kohlenstoffspeicherung in Holzprodukten analysiert.

„Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt derzeit in Städten, und bis zum Jahr 2100 wird diese Zahl noch erheblich steigen. Das bedeutet, dass mehr Häuser aus Stahl und Beton gebaut werden, die meist einen großen CO2-Fußabdruck haben“, sagt Abhijeet Mishra, Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Hauptautor der Studie, die in Nature Communications veröffentlicht wurde. „Aber wir haben eine Alternative: Wir können die neue Stadtbevölkerung in mehrstöckigen Gebäuden unterbringen – wir sprechen hier von vier bis zwölf Etagen – die aus Holz bestehen.“

Bei der Herstellung von Holzbaustoffen wird viel weniger CO2 freigesetzt als bei Stahl und Zement.

Abhijeet Mishra, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Holz ist eine erneuerbare Ressource, die von allen vergleichbaren Baumaterialien den geringsten Klima-Fußabdruck hat, da Bäume für ihr Wachstum CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Mishra erklärt: „Bei der Herstellung von Holzbaustoffen wird viel weniger CO2 freigesetzt als bei Stahl und Zement. Zudem speichern Holzbaustoffe Kohlenstoff und machen Holzstädte zu einer einzigartigen langfristigen Kohlenstoffsenke.“

Mehr Baumplantagen, gleichbleibende Anbauflächen für Nahrungsmittel – so funktioniert es

In der Studie untersuchten die Forschenden mithilfe der Open-Source-Computersimulation MAgPIE für die globale Landnutzung vier verschiedene Szenarien: Eines mit konventionellen Baumaterialien wie Zement und Stahl, drei mit zusätzlicher Holznachfrage zusätzlich zum regulären Holzbedarf. Sie analysierten auch, wie die zusätzliche hohe Nachfrage nach Holzbaustoffen erfüllt werden könnte, woher sie kommen und welche Folgen dies für die direkten und indirekten Kohlenstoffemissionen aus der Landnutzung haben könnte. „Unsere Szenarienanalyse zeigt, dass genügend Holz für neue mehrstöckige Häuser in der Stadt produziert werden kann, ohne größere Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion“, erklärt PIK-Wissenschaftler Florian Humpenöder, Mitautor der Studie. „Das Holz wird sowohl aus Holzplantagen als auch aus natürlichen Wäldern bezogen. Der größte Teil der zusätzlich benötigten Holzplantagen – wir sprechen hier von rd. 140 Mio. ha – wird auf abgeholzten Waldflächen angelegt und geht somit nicht auf Kosten von landwirtschaftlichen Flächen“, betont Humpenöder. „Wir brauchen Ackerland, um Lebensmittel für die Menschen anzubauen – sie für den Anbau von Bäumen zu nutzen, könnte zu einer Konkurrenz um die begrenzten Landressourcen führen.“

Höhere Holzernte bei gleichzeitigem Schutz der wertvollsten Wälder

Die Forschenden untersuchten auch, wie sich die biologische Vielfalt entwickelt, wenn natürliche Ökosysteme durch Holzplantagen ersetzt werden. Alexander Popp, Leiter der Abteilung Landnutzungsmanagement am PIK und Mitautor der Studie: „Es ist wichtig, zu klären, wie und woher das Holz für den Bau von Holzstädten kommt. In unseren Computersimulationen haben wir eine klare Grenze für die Holzentnahme und die Anlage neuer Baumplantagen gesetzt: In unberührten Wäldern und Schutzgebieten für die biologische Vielfalt darf nichts abgeholzt werden.“ Popp unterstreicht: „Der ausdrückliche Schutz dieser Gebiete ist extrem wichtig, aber dennoch könnte die Einrichtung von Holzplantagen auf Kosten anderer und nicht geschützter Naturgebiete gehen und damit einen zukünftigen Verlust der biologischen Vielfalt noch verstärken.“ Andere Studien zeigen auf, dass Maßnahmen wie z. B. der Übergang zu einer gesunden Ernährung mit weniger Fleischkonsum dazu beitragen könnten, Flächen für die Produktion von Nahrungsmitteln wie auch von Bauholz frei zu machen und gleichzeitig die biologische Vielfalt zu erhalten.

Mishra fasst zusammen: „Unsere Studie unterstreicht, dass Holzhäuser in der Stadt aufgrund ihres langfristigen Kohlenstoffspeicherpotenzials eine wichtige Rolle bei der Eindämmung des Klimawandels spielen könnten. Um die negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu begrenzen und einen nachhaltigen Übergang zu Holzstädten zu gewährleisten, bedarf es einer starken politischen Steuerung und einer sorgfältigen Planung.“

www.nature.com/articles/s41467-022-32244-w


Literatur

Mishra, A.; Humpenöder, F.; Churkina, G.; Reyer, C. P. O.; Beier, F.; Bodirsky, B. L.; Schellnhuber, H. J.; Lotze-Campen, H.; Popp, A. (2022) Transition to timber cities can help to reduce carbon emissions without increasing competition for land. Nature Communications 13, 4889. doi.org/10.1038/s41467-022-32244-w

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