CARBOrefit zum Sanieren und Verstärken mit Carbonbeton

Finalist der DGNB Sustainability Challenge 2023 Innovation, Publikumspreis

Die Transformation des Bauwesens hin zu einer nachhaltigeren Zukunft geht mit großen Herausforderungen einher. Während der Bedarf an Gebäuden und Infrastrukturbauten steigt, stehen gleichzeitig ambitionierte Klima- und Umweltschutzziele auf der Agenda. Experten sehen bei der Erreichung dieser Ziele insbesondere den Bereich Bauen im Bestand – also das Erhalten, Weiterentwickeln, Umbauen und Umnutzen von Bauwerken – als eine zentrale Stellschraube an. Ein gezielter, großmaßstäblicher Erhalt von Bausubstanz und eine effiziente Nutzung des Bestands reduzieren zusätzliche Flächeninanspruchnahmen sowie neubaubedingte Stoff- und Energieströme. Darüber hinaus bringt insbesondere die Erhaltung von Brücken Vorteile im Sinne der Nachhaltigkeit mit sich, denn stau- und umleitungsbedingte Verkehrsemissionen infolge einer Vollsperrung weisen eine erhebliche Umweltschädlichkeit auf, die die reinen herstellungs-, prozess- und abrissbedingten Umweltauswirkungen um ein Vielfaches überschreiten. Trotz der Dringlichkeit und Wichtigkeit des Bestandserhalts sind zahlreiche Stahlbetonbauwerke – sowohl im Hoch- als auch im Infrastrukturbereich – vom Abriss bedroht. Alterungserscheinungen und Schäden stellen ebenso wie zunehmende Belastungen, z. B. aufgrund von Umnutzung oder Verkehrslasterhöhung, statische Herausforderungen dar. Oftmals fehlen geeignete Sanierungs- und Verstärkungsverfahren, die eine ingenieurtechnische Planung und effiziente Umsetzung ermöglichen. Eine Lösung bietet hier der innovative Baustoff Carbonbeton, welcher im Rahmen des CARBOrefit-Verfahrens für den Erhalt von Stahlbetonbauwerken zum Einsatz kommt. Carbonbeton ist ein Verbundbaustoff, der aus einer Carbonbewehrung und einem Beton besteht. Einwirkende Zugkräfte werden dabei von der Carbonbewehrung aufgenommen, während bei der Verstärkung ein sog. Feinbeton mit einem Größtkorn von 1 mm den Verbund zum Bestandsbauwerk sicherstellt. Ein Hauptvorteil des Verbundbaustoffs – im Vergleich zu metallischen Bewehrungen – stellt die Korrosionsbeständigkeit dar. Die Carbonbewehrung rostet nicht und ist daher besonders dauerhaft. Gleichzeitig entfällt aufgrund der Korrosionsbeständigkeit das Erfordernis einer zentimeterdicken Betonüberdeckung. Stattdessen kann die Carbonbeton-Verstärkungsschicht millimeterdünn und somit auch ressourceneffizient ausgeführt werden. Im Hochbau sind dabei nur 10–15 mm und im Brückenbau 15–30 mm Verstärkungsdicke notwendig. Die hohen mechanischen Eigenschaften der Carbonbewehrung ermöglichen die Wiederherstellung der ursprünglichen Tragfähigkeit des Bestands oder sogar eine Verstärkung darüber hinaus. Das Bild zeigt den grundlegenden Aufbau der Verstärkung eines Stahlbetonbauteils mit dem CARBOrefit-Verfahren.

Sanierung und Verstärkung einer Stahlbetondecke mit einer CARBOrefit Carbonbeton-Verstärkungsschicht
Quelle: TU Dresden

Auf der aufgerauten Oberfläche eines sanierungsbedürftigen Altbetons werden eine erste Feinbetonschicht, dann eine Carbongitterlage und anschließend eine weitere Schicht Feinbeton aufgetragen. Dieses Vorgehen wird wiederholt, bis die zuvor berechnete statisch erforderliche Lagenanzahl erreicht ist. Dem CARBOrefit-Verfahren liegt die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ)/allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) Z-31.10-182 zugrunde. Diese baurechtliche Basis ermöglicht die regulierte und bauaufsichtlich zugelassene Anwendung. Durch die Regulierung der einsetzbaren Materialien sowie die Zertifizierung der Ausführungsunternehmen ist eine fachgerechte Umsetzung des Verfahrens entsprechend den hohen Anforderungen der Branche an Sicherheit und Qualität gewährleistet. Insgesamt zeigte sich im Rahmen der zahlreichen bereits durchgeführten Gebäude- und Brückensanierungen, dass die verfahrenstechnischen Potenziale in der Praxis effizient und wirtschaftlich zur Anwendung gebracht werden können. Die enormen ökologischen Stärken der Abrissvermeidung werden dabei um den kulturellen Wert des Bauwerkerhalts ergänzt. Insgesamt zeigen sich beim Einsatz des CARBOrefit-Verfahrens große Vorteile in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit: Ökonomie, Ökologie und Soziales. Somit trägt der Baustoff Carbonbeton zum nachhaltigen Erhalt von Gebäuden und Infrastrukturbauten bei.

Weitere Infos: www.carborefit.de


Literatur

  • Umweltbundesamt (2023) Umwelt und Klima schützen – Wohnraum schaffen – Lebensqualität verbessern: Empfehlungen von UBA und KNBau für einen nachhaltigen Wohnungs- und Städtebau. Dessau-Roßlau: UBA.
  • Gschösser, F. et al. (2016) Retrofitting Measure vs. Replacement – LCA Study for a Railway Bridge in: Habert, G.; Schlüter, A. [eds.] Expanding Boundaries. Systems Thinking in the Built Environment. Sustainable Built Environment (SBE) Regional Conference, Zurich, June 13–17, 2016.
  • Krauße, L. et al. (2022) Innovatives Verfahren CARBOrefit® zur Verstärkung von Bauwerken mit Carbonbeton. nbau 1, H. 1, S. 63–64. https://www.nbau.org/2022/04/27/innovatives-verfahren-carborefit-zur-verstaerkung-von-bauwerken-mit-carbonbeton
  • Curbach, M. et al. (2022) Verstärken mit Carbonbeton in: Bergmeister, K.; Fingerlos, F.; Wörner, J. [Hrsg.] Beton-Kalender 2022. Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Instandhaltung. Berlin: Ernst & Sohn.
  • DIBt (2021) Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung/Allgemeine Bauartgenehmigung Z-31.10-182 „CARBOrefit®-Verfahren zur Verstärkung von Stahlbeton mit Carbonbeton. Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin.
  • Lieboldt, M. (2023) Praktische Anwendung. Verstärkung und Instandsetzung in: Curbach, M.; Hegger, J.; Schladitz, F.; Tietze, M.; Lieboldt, M. [Hrsg.] Handbuch Carbonbeton. Einsatz nichtmetallischer Bewehrung. Berlin: Ernst & Sohn.

Jobs

ähnliche Beiträge

Nachhaltigkeit in der Tragwerksplanung

Ideensammlung Ingenieurkammer-Bau NRW soll Impulse für praktische Arbeit geben, um CO₂-Emissionen zu minimieren.

Pionierarbeit für nachhaltige Baumaterialien

NEST Podcast: Die Zukunft des Bauens mit Marianne Stähler, Geschäftsleiterin Ecobau e. V.

BIM-gestützte Nachhaltigkeitsbewertung bei Brückenbauwerken

Dissertation am KIT entwickelt Workflow zur teilautomatisierten Berechnung bauwerks- und verkehrsbedingter globaler Umweltwirkungen, Lebenszykluskosten und volkswirtschaftlicher Kosten einer Brückenvariante mithilfe von BIM.