Gesucht: Verantwortung

gefma-Richtlinien unterstützen bei der Vergabe von nachhaltigen Facility-Services

Von Nachhaltigkeit zu reden, ist leicht. Nachhaltig zu handeln schon deutlich schwieriger – v. a. bei komplexen Immobilien und Liegenschaften. Deren Betreiber haben mittlerweile einen ganzen Baukasten an grünen Lösungen im Gepäck. Doch wie schafft man dafür einen rechtssicheren Rahmen, auf den sich Immobilieneigentümer und Facility-Manager verlassen können?

1 Integration der ESG-Ansätze in die operative Leistungserbringung

Gefragt ist ein eindeutiger Plan, der zum einen die selbst gesteckten Nachhaltigkeitsziele erfüllt und gleichzeitig den immer komplexeren politischen Regelungen gerecht wird. Gut gemeint ist da nämlich noch lange nicht gut gemacht. Und spätestens im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen ESG-Reporting offenbart sich, wie nachhaltig das Facility-Management tatsächlich agiert und ob es die Vorgaben erfüllt, die der Gesetzgeber heute im Sinne des Green Deal der Europäischen Union für Immobilien und Liegenschaften klar festgelegt hat (Bild 1). Nachhaltigkeit wird vom Nice-to-have zum komplexen Must-have. Um einen wasserdichten Vertrag zwischen Immobilieneigentümer und -betreiber rechtssicher abzuschließen, braucht es eindeutige Spielregeln. Doch Ausschreibungen für Facility-Services und die korrespondierende Vertragsgestaltung sind komplexe Prozesse. Orientierung beim Erstellen und Umsetzen rechtsverbindlicher Vereinbarungen bieten der von gefma seit 2003 etablierte Mustervertrag Facility Services (GEFMA 510) und die Leistungsbeschreibung Facility Services (GEFMA 520). Jetzt hat der Deutsche Verband für Facility Mana­gement diese Branchenstandards neu aufgelegt und vertreibt beide Regelwerke ab sofort über den eigenen Onlineshop. Besonders wichtig: Die Nachhaltigkeit nimmt in der Neuauflage eine noch wichtigere Rolle ein.

Bild 1 Die größte Herausforderung entsteht durch die Komplexität von ESG bei der operativen Umsetzung 
Quelle: Adobe Stock (460766284)
Bild 1 Die größte Herausforderung entsteht durch die Komplexität von ESG bei der operativen Umsetzung
Quelle: Adobe Stock (460766284)

Mit dem Mustervertrag Facility Services hat gefma eine auch in juristischen Fachkreisen etablierte Vorlage und wertvolle Arbeitshilfe für die Gestaltung von FM-Verträgen entwickelt. Vor dem Hintergrund der EU-Taxonomie und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist ESG nun fester Bestandteil der insgesamt 140 Seiten umfassenden Publikation. Die Facility-Mana­gement-Leistungsbeschreibungen berücksichtigen in der aktuellen Auflage die Vorgaben des europäischen Green Deal. Aber was genau ist bei der Entwicklung eines Vertrags über nachhaltige Facility-Services besonders zu berücksichtigen?

Der erste Schritt sollte darin bestehen, die spezifischen ESG-Leistungsbeschreibungen vom Auftraggeber zu definieren, die bei der Ausschreibung und Vergabe der Facility-Management-Leistungen berücksichtigt werden sollen. An dieser Stelle kann eine ESG-Strategieberatung sinnvoll sein, um u. a. Standardprozesse für die Thematik zu definieren und somit klare Anforderungen zu beschreiben. Dies können einmalige Beratungsleistungen vor der Ausschreibung sein, empfehlenswert ist allerdings eine fortlaufende Beratung, die den Prozess auch in der Umsetzungsphase begleitet. Die Aufgabe kann langfristig auch durch einen Nachhaltigkeitsausschuss übernommen werden, der aus Akteuren des Auftraggebers und des Facility-Management besteht und sich in regelmäßigen Nachhaltigkeitsreviews austauscht.

ESG-Themen können Umweltaspekte wie Energieeffizienz, Abfall- und Wassermanagement umfassen. Als Beispiele für soziale Aspekte seien der Innenraumkomfort, die Förderung der Mitarbeitergesundheit und -sicherheit, die Nutzerzufriedenheit und die Verfügbarkeit von E-Mobilität genannt. Hinzu kommen mögliche Governance-Kriterien, wie die Verfügbarkeit einer Nachhaltigkeitsverantwortlichkeit, die Einhaltung von ethischen Standards, die Offenlegung von Informationen oder Transparenz in der Leistungserbringung.

Dann wird es konkreter. Nachdem mit dem eigenen Anforderungskatalog im ersten Schritt die Basis gelegt wurde, gilt es nun, darauf aufbauend klare Nachhaltigkeitsziele für die Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und FM-Dienstleister festzulegen. Diese Ziele dienen als Leitfaden für den Ausschreibungs- und Vergabeprozess. Bei der Definition von Nachhaltigkeitszielen für eine Ausschreibung von Facility-Management-Leistungen sollten Unternehmen ihre eigenen Nachhaltigkeitsstrategien und -prioritäten berücksichtigen. Es gibt aber auch eine ganze Reihe allgemeiner Nachhaltigkeitsziele, die bei einer solchen Ausschreibung in Betracht gezogen werden können.

1.1 Energiemanagement und Reduzierung von Treibhausgasemissionen

Bei diesem Ziel geht es um die Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen in den betriebenen Gebäuden. Dazu tragen u. a. die Entwicklung eines Energiekonzepts (inkl. Prozess für Energie-Monitoring und -Controlling sowie Erarbeitung von Verbesserungsmaßnahmen), die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen, die Nutzung erneuerbarer Energien oder die Einführung von intelligenter Gebäudeleittechnik bei (Bild 2).

Bild 2 Aufgaben und Bestandteile des Energiemanagements gemäß GEFMA 986 Energiemanagement
Bild 2 Aufgaben und Bestandteile des Energiemanagements gemäß GEFMA 986 Energiemanagement

1.2 Ressourceneffizienz und Abfallmanagement

Nichts soll sinnlos verschwendet werden. Deshalb liegt ein Fokus auf der Reduzierung des Verbrauchs von Ressourcen wie Wasser und für den Gebäudebetrieb verwendeter Materialien. Ein effizientes Abfallmanagement und die Förderung des Recyclings sind heute in vielen Unternehmen von zentraler Bedeutung. Dazu bedarf es einer nachhaltigen Wassermanagementstrategie, der Verwendung von umweltfreundlichen Materialien, Abfalltrennung und -recycling und einer Förderung der Kreislaufwirtschaft.

1.3 Verbesserung der Innenraumluftqualität und Gesundheitsförderung

Das Wohl der Gebäudenutzer sollte bei nachhaltig betriebenen Immobilien ebenfalls im Vordergrund stehen und gehört damit zur Verantwortung eines Facility-Managers. Dazu zählt u. a. die Schaffung einer gesunden und komfortablen Arbeitsumgebung für die Nutzer der Gebäude. Erreichen lässt sich diese Atmosphäre bspw. durch Überwachung und Verbesserung der Innenraumluftqualität, Verwendung umweltfreundlicher Reinigungsmittel und Materialien, Förderung von Tageslichtnutzung sowie eine regelmäßige Überprüfung der Nutzerzufriedenheit, um bedarfsorientiert handeln zu können.

1.4 Soziale Verantwortung und Arbeitsbedingungen

Nachhaltigkeit ist mehr als Umweltschutz. Auch die Förderung von Inklusion sowie fairen Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Arbeitsstandards zählen dazu und sollten Teil der Ausschreibung sein. Maßnahmen dafür können die Förderung von Chancengleichheit und Vielfalt, Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards, Sicherstellung von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Mitarbeiterentwicklung und -beteiligung sein.

1.5 Stakeholder-Engagement

Nachhaltigkeit umzusetzen gelingt nur mit einer dialogbasierten Kommunikation mit allen am Betrieb der Immobilie beteiligten Zielgruppen. Dialog und Zusammenarbeit mit allen relevanten Stakeholdern sind deshalb von großer Bedeutung. Dazu gehören die Sensibilisierung und Information der Nutzer der Gebäude zum Thema Nachhaltigkeit, der Austausch mit Interessengruppen oder das Engagement in sozialen Projekten und Initiativen.

Nachdem der Zielkatalog definiert ist, folgt ein weiterer wichtiger Meilenstein: das Erstellen der Ausschreibungsunterlagen. Es ist empfehlenswert, diese so zu gestalten, dass sie die ESG-Themen und Nachhaltigkeitsziele eindeutig und verständlich widerspiegeln. Es sollten klare Anforderungen und Erwartungen hinsichtlich der ESG-Performance des potenziellen Facility-Management-Dienstleisters festgelegt werden.

Die Auswahl des besten Partners für passgenaue, nachhaltige ­Facility-Services ist am besten mit einer Bewertungsmatrix zu treffen, in der die Leistungen der einzelnen Anbieter miteinander verglichen werden können. Diese sollte verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit abdecken und eine faire und transparente Bewertung ermöglichen. Welche Kategorien und Kriterien könnten das sein? Schauen wir uns zunächst die Umweltaspekte anhand von Beispielen an:

Energieeffizienz: Maßnahmen zur Energieeinsparung, Nutzung erneuerbarer Energien und Implementierung von Energieeffizienzstandards.

Wassermanagement: Maßnahmen zur Wassereinsparung, Überwachung des Wasserverbrauchs und Implementierung von Wasserrecyclingsystemen.

Abfallmanagement: Strategien zur Abfallminimierung, -trennung und -entsorgung, Förderung von Recycling und Verwendung umweltfreundlicher Materialien.

Selbst wenn ESG oftmals sehr grün gedacht wird, zählen soziale und rechtliche Aspekte dazu. Deshalb gehören in die Bewertungsmatrix:

Arbeitsbedingungen: Einhaltung von Arbeitsstandards, Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen, Förderung der Arbeitszufriedenheit und des Wohlbefindens der Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter.

Vielfalt und Inklusion: Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit, Gleichstellung der Geschlechter und Integration von Menschen mit Behinderungen.

Gemeinwohlengagement und Communitymanagement: Engagement des Facility-Management-Dienstleisters für soziale Projekte, Unterstützung der lokalen Gemeinschaft und Förderung des ehrenamtlichen Engagements.

Neben dem Schutz von Klima und Umwelt sowie der Übernahme der sozialen Verantwortung darf das G in ESG nicht vergessen werden. Gerade die Governance-Gesichtspunkte sollten in einer FM-Ausschreibung nicht unterschätzt werden, denn sie bilden eine wichtige Grundlage für die nachhaltige Zusammenarbeit zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber. Dazu gehören Compliance-Gesichtspunkte wie die Einhaltung von ethischen Standards, Gesetzen und Vorschriften sowie die Transparenz in der Zusammenarbeit ebenso wie ein sauberes ESG-Reporting im späteren Regelbetrieb. Hierzu zählen die Offenlegung von Nachhaltigkeitsleistungskennzahlen oder die regelmäßige Berichterstattung über Umwelt- und Sozialleistungen und die entsprechende Zuteilung von Verantwortlichkeiten. Die laufende (ESG-)Beratung des Facility-Managers ist dabei unerlässlich.

Für jede Kategorie sollten in der Matrix spezifische Bewertungskriterien festgelegt werden, anhand derer die Facility-Management-Anbieter bewertet werden können. Die Gewichtung der Kriterien kann je nach den Prioritäten des ausschreibenden Unternehmens angepasst werden. Es ist wichtig, dass die Bewertungsmatrix objektiv und transparent ist, um eine faire Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten. Eine klare Gewichtung der ESG-Kriterien und eine einheitliche Bewertungsmethode, bspw. eine Punkteskala, können helfen, die Ergebnisse zu quantifizieren und zu vergleichen. Die Bewertungsmatrix sollte in den Ausschreibungsunterlagen deutlich dargestellt und den potenziellen Anbietern kommuniziert werden, damit sie ihre Angebote entsprechend ausrichten können. Es ist ratsam, die Bewertungs­matrix regelmäßig zu überprüfen und an sich ändernde Nach­haltigkeitsanforderungen und -standards anzupassen, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen ESG-Anforderungen entspricht.

Eine Bewertungsmatrix kann jedoch noch so gut sein – wenn die Kommunikation zwischen Anbieter und potenziellen Dienstleistern nicht funktioniert, schmälert das den Erfolg der Ausschreibung. Ausschreibungsunterlagen für Facility-Management-Leistungen unter ESG-Gesichtspunkten sollten Informationen und Anforderungen enthalten, die es den potenziellen Anbietern ermöglichen, die Bedeutung der Nachhaltigkeit für den Ausschreibenden und das erwartete Engagement des FM-Dienstleisters zu verstehen und entsprechend im Angebot darauf zu reagieren. Es ist daher sehr wichtig, dass die Ausschreibungsunterlagen klar, kohärent und verständlich sind. Sie sollten den FM-Dienstleistern ermöglichen, ihre Nachhaltigkeitsstrategie und -leistung angemessen darzustellen und zu zeigen, wie sie den Anforderungen des Auftraggebers gerecht werden können. Die Unterlagen sollten außerdem klare Fristen für die Einreichung der Angebote und den gesamten Ausschreibungsprozess enthalten. Es kann auch hilfreich sein, einen Frage-Antwort-Mechanismus einzurichten, um potenziellen Anbietern die Möglichkeit zu geben, Fragen zu stellen und Antworten vom ausschreibenden Unternehmen zu erhalten. Durch gut strukturierte und detaillierte Ausschreibungsunterlagen können Letztere sicherstellen, dass die Nachhaltigkeitsaspekte angemessen berücksichtigt werden und dass die potenziellen Anbieter die Anforderungen verstehen und entsprechend mit ihren Lösungsvorschlägen reagieren können.

Die aktuelle Leistungsbeschreibung von gefma (GEFMA 520) nimmt auch den nach erfolgreicher Ausschreibung erfolgenden Start sowie die Beendigung der Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Facility-Management-Dienstleister in den Fokus. Hierbei kommt es i. d. R. zu erforderlichen Einmalleistungen. Damit diese vertraglich verlässlich geregelt sind, erläutert die Leistungsbeschreibung Facility Services die notwendigen Aufgaben für Auftraggeber und Dienstleister detailliert, sodass ein reibungsloser, verbindlicher Prozessablauf gewährleistet ist. Konkrete Kalkulationsvorgaben bzw. eindeutige Preisabfragen sind außerdem ein entscheidender Erfolgsfaktor bei Ausschreibung und Vergabe komplexer Facility-Services. GEFMA 520 liefert für die beschriebenen Leistungen ein Muster für ein korrespondierendes Preisverzeichnis in Form einer Tabelle und gibt wesentliche Hinweise für die Preiskalkulation. Natürlich sind Leistungsbeschreibung und Preisverzeichnis im Anwendungsfall individuell anzupassen, die Unterlagen bieten jedoch sowohl für die Ausschreibung von Einzelleistungen als auch für sog. Paketvergaben eine sehr gute Grundlage.

GEFMA 520 (Leistungsbeschreibung Facility Services) und GEFMA 510 (Mustervertrag Facility Services) sind inhaltlich aufeinander abgestimmt. Deshalb empfiehlt gefma, beide Dokumente einzusetzen, um eine gesicherte Grundlage für die Vergabe von FM-Services zu haben. Zum Mustervertrag wird als erläuterndes Werk ein umfangreicher Leitfaden (GEFMA 510-1) mitgeliefert. Dieser beinhaltet viele Regelungen und deren Anwendung und gibt auch Nichtjuristen einen Einblick in die Grundlagen des Vertragsrechts im Facility-Management.

Beide Richtlinien (Bild 3) sind für Mitglieder ab sofort im Onlineshop von gefma zum Download erhältlich. Nichtmitglieder können sie dort ebenfalls erwerben: www.gefma.de/shop

Bild 3 Richtlinien GEFMA 510 und GEFMA 520
Bild 3 Richtlinien GEFMA 510 und GEFMA 520

Die Preise:

GEFMA 510 – Mitglieder: 468 Euro, Nichtmitglieder: 655 Euro (inkl. Leitfaden GEFMA 510-1)
GEFMA 520 – Mitglieder: 328 Euro, Nichtmitglieder: 468 Euro
GEFMA 530 (Paket aus GEFMA 510 und GEFMA 520) – Mitglieder: 515 Euro, Nichtmitglieder: 935 Euro


Autor:in

Annelie Casper, info@gefma.de
stv. Geschäftsführerin, gefma Deutscher Verband für Facility Management e. V., Bonn
www.gefma.de

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