Lasst uns diskutieren, hart sogar, aber wertschätzend

Bernhard Hauke nbau Chefredakteur
Bernhard Hauke nbau Chefredakteur
Quelle: Luhnen-Lichtkunst Fotografie

Manche haben das lesen können, viele nicht mehr, und das ist gut so. Worum es geht: Werner Sobek hat ein Buch geschrieben, non nobis, das sehr bekannt ist. Dazu sprach mich Jörg Finkbeiner an, er habe einiges zu kritisieren an diesem Buch. Ich will Kritik, konstruktive Kritik, ich will Diskussion in der nbau, ein engagiertes Streiten um den besten Weg. Hans Joachim Schellnhubers wohlvernetztes, internationales Mantra Mit Holz bauen wir uns aus der Klimakrise muss diskutiert werden. Auch der unverdächtige Christian Schlüter fragte dieses Jahr in der nbau: Mit welchem Material sollen wir bauen? und unterfütterte Sobeks Thesen. Und Jan Wörner sagte auf dem 1. Bielefelder Nachhaltigkeitssymposium, dass es kein Silver Bullet gäbe, keine einfache Universallösung für nachhaltig Bauen. Lasst uns also diskutieren, hart sogar, nach dem richtigen Weg suchen. Das ist ein Teil dessen, was ich als nbau-­Mission sehe – die Silos des sektoralen Denkens zum Tanzen zu bringen, ist der andere Teil. Nur eines hatte ich dabei aus den Augen verloren: Bei aller Auseinandersetzung, auch mal notwendiger polemischer Zuspitzung, müssen doch stets Respekt und Wertschätzung vor der Leistung der anderen gewahrt bleiben. Dem war in der Kritik an Werner Sobek nicht so. Als mir das – zu spät – bewusst wurde, habe ich den Beitrag nicht online gehen lassen, die noch nicht ausgelieferten Hefte schweren Herzens in den Reißwolf gegeben und einen Neudruck veranlasst. Es war alleine meine Verantwortung, nicht aber die von Jörg Finkbeiner, der sich neben seiner täglichen Arbeit als Architekt eine Meinung gebildet, mit verschiedenen Expert:innen ausgetauscht und sich schließlich hingesetzt und beherzt geschrieben hat. Genau das will ich – dass Architekten und Ingenieurinnen selbst über das berichten, was sie bewegt, nicht Redakteure ohne Detailkenntnis und Involvement. Es ist dann meine Aufgabe, da einzugreifen, wo der weniger erfahrene Schreiber ungewollt (dessen bin ich mir sicher) verbal über das Ziel hinausschießt. Entschuldigung Werner Sobek und Jörg Finkbeiner für meine Unaufmerksamkeit. Nun wissen wir also sowohl was wir wollen – engagierte Diskussion – als auch was wir nicht wollen: nicht wertschätzende Formulierungen. Dann also Feuer frei für die nächste Runde!

Primat der Ökologie, doch Ökonomie und insbesondere Soziales gehören auch dazu

Ich leg’ gleich mal nach. Die einen wollten mit einer Sofort-Amnestie bei den Klimaschutzauflagen für den Neubau den grünen Träumen ein Ende setzen. Die anderen hatten von Abrissprämien fabuliert, um wieder mehr neu bauen zu können. Das ist beides arg daneben, finde ich. Die Bauindustrie hat dann ja auch umgehend und unmissverständlich klargestellt, dass dies Minderheitspositionen seien und nicht die ihren – gut so, Tim-Oliver Müller. Andererseits, direkt nach dem Wohnungsbaugipfel Ende September, war das Geschrei ebenso groß, dass nun die Bundesregierung mit der Absage, den Effizienzhaus-Standard 40 verpflichtend einzuführen, einigen Anpassungen beim Gebäudeenergiegesetz etc. quasi nachhaltig Bauen zum Vorteil der Bau- und Immobilienlobby abgeschafft habe. Übertreiben macht anschaulich. Doch so manches, was da beschlossen wurde, scheint durchaus sinnvoll. Zum Beispiel nicht nur auf den Energiebedarf des Gebäudebetriebs zu schauen, sondern eine Gesamtrechnung zu machen mit CO2 in der Bauphase und in der Betriebsphase. Oder auch das ­Thema Lowtech, welches letztlich in die gleiche intelligent-ganzheitliche Richtung geht. Worauf es jetzt wirklich ankommt, ist, was wir nun gemeinsam daraus machen.

Dabei können wir auch über die Ausformulierung von Nachhaltigkeitskonzepten streiten, ob eher klassisch nach Brundtland mit einem Gleichgewicht von Ökologie, Ökonomie und Sozialem oder aktuell, ob der Dringlichkeit vielleicht angemessener, mit einem Primat der Ökologie – doch Ökonomie und insbesondere Soziales gehören immer auch dazu. Als Gesellschaft brauchen wir ein Gleichgewicht und eben auch angemessenen, erschwinglichen, nachhaltigen Wohnraum sowie eine moderne und an nachhaltigen Grundsätzen ausgerichtete Bau- und Immobilienbranche dafür. Was das alles genau ist und wie es erreicht werden kann, darüber darf, ja muss weiter diskutiert werden in Karl Poppers fehlertoleranter, offener Gesellschaft. Wir sind alle irgendwann mal darauf angewiesen, ich sowieso.

Bernhard Hauke
nbau Chefredakteur

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