Finalist der DGNB Sustainability Challenge 2025 “Forschung”
Die Wiederverwendung von Bauteilen bietet das Potenzial, den Ressourcen- und Energieverbrauch sowie die Abfallmenge im Bauwesen zu reduzieren. Im Holzbau, wo in der Regel werkseitig vorfabrizierte Bauteile auf der Baustelle zu einem Gebäude verbunden werden, scheinen besonders günstige Voraussetzungen gegeben. Effizienter Re-Use ist allerdings nur unter der Voraussetzung möglich, dass lösbare Verbindungen verwendet werden.
Vor diesem Hintergrund wurden an der MPA Stuttgart experimentelle Untersuchungen an drei Strebenfachwerken mit identischen Abmessungen und Querschnitten, jedoch jeweils unterschiedlichen Verbindungstypen durchgeführt. Die Ziele dabei waren die Überprüfung und Quantifizierung:
1) der Lösbarkeit und erneuten Montage nach zyklischer Belastung
2) der Entwicklung der Steifigkeit mit zunehmenden Belastungszyklen vor und nach erfolgter De- und Wiedermontage
3) des Einflusses der De- und Wiedermontage auf die Steifigkeit der Fachwerke.
Untersuchte Fachwerke und Knotentypen
Die Fachwerke aus Brettschichtholz mit jeweils 4 Strebenpaaren wiesen eine Spannweite von 6,4 m und eine Systemhöhe von 0,9 m auf. Die Knotenausbildung (Bild) erfolgte mit Stabdübeln und innenliegenden Schlitzblechen (Typ 1), durch den Gurt in die Streben getriebene Vollgewindeschrauben (Typ 2) und vollständig die Holzdiagonale ersetzende Gewindestangen mit Konterplatten an der Gurtaußenseite (Typ 3). Beim Fachwerk Typ 2 und 3 wurden die Druckanschlüsse mit einem Fersenversatz bzw. einem doppelten Versatz ausgebildet.
Experimentelle Untersuchung
Die Fachwerke wurden zunächst 15 Belastungszyklen ausgesetzt, deren Niveau der charakteristischen Beanspruchung entspricht. Im Anschluss wurden die Fachwerke zerlegt und der zeitliche Aufwand, die Drehmomente zum Lösen der Schrauben sowie die Kräfte zum Herausdrücken der Stabdübel dokumentiert. Nach jeweils zwei weiteren Belastungszyklen erfolgte die finale Belastung bis zum Versagen.
Ergebnisse
Die Systemsteifigkeit zeigte mit steigender Anzahl der Belastungszyklen sogar eine Zunahme um bis zu 13% für den letzten Zyklus vor der Demontage. Dies wird auf plastische Verdichtungen in Querdruck-beanspruchten Bereichen und den in der Steifigkeitsberechnung nicht berücksichtigten Schlupf zurückgeführt. Die Gesamtverformung hingegen nahm mit den Zyklen um rund 5% zu. Im ersten Zyklus nach der Wiedermontage sank die Steifigkeit um rund 5 bis 10%.
In keinem der Fachwerke trat ein sprödes Versagen ein. Die Bruchbilder zeigten überwiegend Anteile an Querdruckversagen, Fließen der Stabdübel sowie plastische Verformung der Konterplatten.
Deutliche Unterschiede ergaben sich beim (De-)Montageaufwand: Typ 1 erforderte insgesamt 30 Personenstunden (PH) für Montage, Demontage und Wiedermontage. Das Herausschlagen der Stabdübel erwies sich dabei als äußerst zeitaufwendig. Typ 2 lag bei 22 PH; beim Wiederverschrauben kam es vereinzelt zu Schraubenbrüchen. Am deutlich geringsten war der Zeitaufwand bei Typ 3: Mit nur 5 PH konnte das Fachwerk zerlegt und erneut montiert werden. Das Lösen der vergleichsweise wenigen Muttern und Schrauben war unkompliziert und ohne Spezialwerkzeug möglich.
Schlussfolgerung und Zusammenfassung
Die Ergebnisse unterstreichen, dass die Wahl der Verbindungen für zirkuläre Holztragwerke entscheidend ist. Es lassen sich Rückschlüsse auf die Wiederverwendung bereits bestehender Strukturen ziehen, insbesondere wird aber aufgezeigt, dass die Rückbaubarkeit neben den Aspekten Tragfähigkeit, Duktilität und Steifigkeit bereits in der Planung berücksichtigt werden sollte.
Ehrhart, T.; Grönquist, P.; Westermayr, M.; Cardoso, E. C.; Simon, K.;Kleefeldt, J.-D.; Mönch, S.; Buchholz, L.; Ernst, H.; Dill-Langer G. (2025) Holzfachwerkträger: (De-)Montierbarkeit und Performance verschiedener Knotentypen im Hinblick auf Re-Use. Bautechnik (zur Veröffentlichung angenommen)