Wir brauchen eine neue Baupolitik

Remain, Reduce und Re-Use als Kern der Bauwende

Die Bauwende ist eine notwendige Transformation, die den Gebäudesektor sozial und klimagerecht gestalten sollte. Ob wir bezahlbar und angenehm wohnen können, wie gut und frei wir in unseren Städten und Dörfern leben und wie gesund wir sind – all das hängt stark davon ab, wie und wo wir bauen. Häuser neu bauen ist aber nur sinnvoll, wenn sie den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden und wir nicht in wenigen Jahren schon wieder abreißen und neu bauen müssen. Um einen nachhaltigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz und gleichzeitig zu bezahlbarem Wohnraum zu leisten, müssen wir die bisherige Art und Weise des Bauens aktiv umgestalten. Nichts ist nachhaltiger, günstiger und sinnvoller, als das zu nutzen, was schon da ist: den Gebäudebestand. Die Vorstellung, dass die Krisen, die wir aktuell in der Baubranche erleben, allein durch Bauen, Bauen, Bauen gelöst werden könnten, ist falsch. Der Großteil der benötigten Gebäude in Deutschland ist bereits gebaut. Statt auf Abriss und Ersatzneubau zu setzen, sollten wir dieses Potenzial wertschätzen und uns für die Erhaltung und Verbesserung einsetzen. Diese Herangehensweise ist rational: Rechnet man die graue Energie mit ein, erzeugen Abriss und Neubau oft weitaus mehr CO2-Emissionen als die Sanierung oder Umnutzung bestehender Gebäude. Der Gebäudebestand bietet Lösungen für die Wohnraumknappheit, ohne zusätzliche Flächen zu versiegeln oder wertvolle Ressourcen zu verschwenden. Umbauen bedeutet, Gebäude anders denken. Von einfachen Lösungen wie dem Ausbau von Dachgeschossen über die Umwandlung von Büroflächen in Wohnraum bis hin zu ganz neuen Formen des Wohnens: Durch Umbauen könnten 2,3–2,7 Mio. Wohnungen im Bestand entstehen [1].

Neuer Dreiklang: Erhalten, Reduzieren, Wiederverwenden

Gerade in einer Zeit, in der unsere Infrastruktur buchstäblich bröckelt, ist eine Neubewertung der Schuldenbremse überfällig. Wenn wir dieses grundsätzliche Umdenken in der Baukultur verankert haben, wird sich auch das Handeln in der Baubranche ändern. Ein neuer Dreiklang kann Einzug halten: Remain, Reduce, Re-Use (Bild 1). Was bedeutet das konkret?

Erhalten statt abreißen – Remain

Der Erhalt von Gebäuden ist der effektivste Weg, um Ressourcen und Energie zu schonen. Bestehende Strukturen umzunutzen oder zu erweitern, löst die Klimafrage des Bausektors und die Wohnungsfrage gleichzeitig.

Ressourcenverbrauch reduzieren – Reduce

Der Ressourcenverbrauch im Bauen muss drastisch gesenkt werden. Dies gelingt durch den Einsatz von nachwachsenden, schadstofffreien und kreislauffähigen Baustoffen. Zugleich müssen wir die Effizienz bestehender Gebäude erhöhen und den Energieverbrauch während ihrer Nutzungsphase senken.

Wiederverwendung als neues Normal – Re-Use

Gebäude sollten als Materiallager betrachtet werden. Hochwertige Bauteile können bei Rückbauprojekten wiederverwendet werden, wodurch Abfall vermieden wird und Rohstoffe geschont werden.

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