Zusammenspiel von Normung und Gesetz­gebung

Im Bereich eines sich an den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung orientierenden Planens, Bauens und Nutzens von Gebäuden fällt es nicht leicht, alle Handlungsstränge zu verfolgen und sämtliche Zusammenhänge zu erkennen. Es stellt sich die Frage, wo und wie sich unterschiedliche Initiativen und Entwicklungen sinnvoll ergänzen können und werden.

Im Bereich der Normung werden die Anstrengungen im Kontext von CEN TC 350 intensiviert. Dies betrifft nach Fertigstellung und Veröffentlichung der in das deutsche Normenwerk übernommenen EN 15643 im Bereich der Gebäude die Arbeiten an der Aktualisierung von EN 15978-1. Das Themenspektrum der Normung zum nachhaltigen Bauen wurde nochmals erweitert und bezieht nun auch Fragen der Beschreibung der Kreislauffähigkeit von Bauwerken und Bauprodukten sowie der Beiträge des Bau- und Gebäudebereichs zur Kreislaufwirtschaft ein. Dies ist Gegenstand der Normungsinitiative CEN TC 350 SC1.

Parallel dazu hat die Europäische Kommission Entwürfe zur künftigen Bauproduktenverordnung (CPR) und zur künftigen Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie (EPBD) veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Der Entwurf zur CPR formuliert Anforderungen an Bauwerke. Diese folgen einem Lebenszyklusansatz und beziehen neben Themen wie Standsicherheit, Schallschutz, Wärmeschutz, Gesundheits- und Arbeitsschutz auch Aspekte des Umweltschutzes und der Schonung natürlicher Ressourcen ein. Heraus werden Anforderungen an Merkmale und Eigenschaften von Bauprodukten abgeleitet, die es bei der Produktentwicklung zu beachten gilt. Ein starker Schwerpunkt liegt hier auf der Langlebigkeit, Reparierbarkeit, Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit. Gleichzeitig werden Anforderungen an zu veröffentlichende Produktinformationen vorgeschlagen, darunter Informationen zu umweltrelevanten Themen. Es ergibt sich hier bis auf Details eine gute Übereinstimmung der anzugebenden Werte für ausgewählte Indikatoren zwischen dem Entwurf zur CPR, den Regelungen von EN 15804 A2 und dem Inhalt der künftigen EN 15978. Interessant ist die Forderung nach Angabe sowohl einer durchschnittlichen als auch einer minimalen Nutzungsdauer – Informationen, die für die Ökobilanzierung und Lebenszykluskostenrechnung dringend benötigt werden. Bild 1 beschreibt die Zusammenhänge.

Bild 1 Zusammenhänge zwischen Bauwerks- und Produktebene im Entwurf zur CPR; aus den Anforderungen an Bauwerke werden Anforderungen an Bauprodukte abgeleitet. Entsprechende Merkmale und Eigenschaften müssen als Informationen dargestellt und der Bewertung von Bauwerken zur Verfügung gestellt werden.
Quelle: Lützkendorf

Deutlich wird, dass die Politik nicht länger auf freiwillige Instrumente vertraut, wenn sie gleichzeitig an verbindlichen Anforderungen arbeitet, die z. B. auf Produktinformationen zurückgreifen müssen.

Im Entwurf zur künftigen EPBD wird vorgeschlagen, das Ergebnis einer Ökobilanz der Treibhausgasemissionen im Lebenszyklus von Gebäuden zu einer Angabe im Energieausweis zu machen. Dies ist ein weiterer Schritt zur Aufwertung von Angaben zum carbon footprint von Gebäuden, wie dies schon mit LEVEL(s) und der Taxonomy erfolgt. Letztlich wird dann als Grundlage hierfür wieder auf EN 15978 verwiesen, die sich in Überarbeitung befindet.

Im Idealfall können sich Gesetzgebung und Normung sinnvoll und arbeitsteilig ergänzen. Deutschland kann in diese Diskussion gute Erfahrungen aus dem Energieeinsparrecht einbringen und sollte dies auch aktiv in den nun anstehenden Meinungsbildungsprozessen tun.


Autor

Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Lützkendorf

thomas.luetzkendorf@kit.edu

Obmann DIN Normenausschuss NA 005-01-31 AA

„Nachhaltiges Bauen“ als Spiegelgremium für die Normungsarbeiten bei ISO TC 59 SC17 und CEN TC 350 etc.

Karlsruher Institut für Technologie, Fachgebiet Immobilienwirtschaft

www.oew.kit.edu

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