Unbewehrte Betonwände und -stützen

Ein Beitrag zur Ressourcenschonung und CO₂-Reduktion

In Deutschland schreitet die Transformation im Bauwesen stetig voran. Im Dschungel neuer Bauweisen und Begrifflichkeiten ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten, welche CO2-reduzierte Bauweise wie viel Prozent im globalen Kampf für die Welttemperaturabkühlung beisteuert. Seit 1955 liegt normentechnisch bereits eine geregelte Bauweise vor, mit der man enorme Mengen an CO₂ und Ressourcen einsparen kann. Unbewehrte Betonwände und -stützen tragen aus Sicht der Nachhaltigkeit zu einem deutlich geringeren CO₂-Ausstoß und zur Ressourcenschonung bei, wenn auf den Einbau des Betonstahls verzichtet wird, der bei überdrückten Betonbauteilen ohnehin nicht erforderlich ist. In Zeiten eines Kriegs in Europa wird deutlich, dass auch die Abhängigkeit von ausländischen Lieferketten resp. vom Import von Betonstahl aus Weißrussland oder der Ukraine nicht zu unterschätzen ist und es gleichwohl einen Einfluss auf die Inflation hat, wenn der Betonstahl aus anderen Ländern importiert werden muss.

1 Einleitung

Der Baustoff Beton ist der am meisten verwendete Baustoff der Welt und zugleich der Baustoff, der einen schlechten Ruf besitzt, da er für ca. 10 % der weltweit emittierten Treibhausgase verantwortlich ist.

Mit allen Mitteln werden zurzeit weltweit Versuche unternommen, den Baustoff Beton klimaneutral zu produzieren, sei es durch Reduktion des Zementgehalts, klinkerarme Zemente, alternative Energieträger wie PV- oder Wasserstoffstrom für den Brennvorgang des Kalksteins, einen 100 % zementfreien Beton durch den Einsatz von Geopolymerbindemittel, Mikrobenbeton, Gradientenbeton oder gar Beton mit rezyklierten Zusatzstoffen.

Auch die Kenntnis, dass z. B. geputzte Fassaden durch Carbonatisierung wieder über 90 % an CO₂ aufnehmen, lässt den Baustoff Beton in kein gutes Licht rücken. Denn Fakt ist, dass 1 m³ verbauter Stahlbeton ca. 300–350 kg an CO₂ emittiert, was der CO₂-Aufnahme von ca. 4000 Bäumen pro Tag entspricht. Allein ein betonierter Keller von 10 m x 10 m mit einer Betonkubatur von ca. 70 m³ emittiert so viel CO₂, wie ca. 250.000 Bäume pro Tag aufnehmen.

Durch den Entfall des Betonstahls in unbewehrten Betonwänden lassen sich ca. 30 % an CO₂ einsparen (in Bezug auf Stahlbeton). Die Tatsache, dass der Anteil an tragenden Innen- und Außenwänden in einem Wohngebäude – gemessen an allen Bauteilen – ca. 30 % entspricht und der Zementverbrauch im Wohn- und Nichtwohnbau ca. zwei Drittel aller Baubereiche ausmacht, lässt das hohe Einsparungspotenzial durch unbewehrte Betonwände erahnen (Bild 1).

2 Betonbauteile mit überwiegend Druckbelastung

Bereits seit 1955 liegen ergänzende Vorschriften zur DIN 1045 und DIN 1047 als vorläufige Richtlinie für die Bemessung von tragenden Betonwänden und -stützen vor. Der Eurocode 2, wonach unter Abschnitt 12 in Verbindung mit dem Nationalen Anhang die unbewehrten Betonwände und -stützen geregelt sind, ist in den aktuellen technischen Baubestimmungen aller Bundesländer bauaufsichtlich eingeführt [1, 2]. Geregelte Produkte aus der Norm bedürfen also keiner Zustimmung im Einzelfall und können von jedem Tragwerksplaner oder Baustatiker berechnet und geplant werden.

Es besteht die Möglichkeit, überwiegend auf Druck (zentrisch oder exzentrisch) beanspruchte tragende Wände oder Stützen als unbewehrte Bauteile zu planen und auszuführen. Dabei dürfen die Wände nicht nur vertikale Druckkräfte erfahren, sondern auch horizontale Windlasten, Erddrucklasten oder gar Randeinspannmomente aufnehmen. Zu große Deckendrehwinkel durch Belastung aus Staffelgeschossen oder zu hohe Stützweiten sollten vermieden werden, da die Ausmitte aus exzentrischer Auflagerung am Stützenkopf maximal auf d/3 bzw. d/6 begrenzt und analog im Mauerwerksbau nach EC6 eine Dreiecksverteilung am Auflager anzusetzen ist.

Unbewehrte wandartige Träger zur Abfangung von darüberliegenden Geschossen sind nicht möglich, da der Beton nicht auf Zug beansprucht werden darf. In unbewehrten Betonbauteilen darf jedoch auch Betonstahlbewehrung zur Erfüllung der Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit und/oder die Dauerhaftigkeit bzw. in bestimmten Bereichen der Bauteile angeordnet werden. Diese Bewehrung darf für örtliche Nachweise im Grenzzustand der Tragfähigkeit und für Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit berücksichtigt werden.

3 Allgemeines Vorgehen in der Planung

Grundsätzlich bieten sich bewehrungsfreie Bauteile fast überall an. Im Hallenbau kann der Betonstahl eher in tragenden Bodenplatten (Industriehallen) eingespart werden, im Wohnungs- und Gewerbebau vielmehr im Wand-, Stützen- und Gründungsbereich.

Bei der Planung lassen sich folgende Einsatzmöglichkeiten unbewehrter Betonbauweisen ableiten:

  • Kelleraußenwand aus unbewehrtem Beton (Mindestauflast erforderlich bzw. Reduktion des Erddrucks z. B. durch leichte Anschüttung)
  • windbelastete Außenwand aus unbewehrtem Beton
  • Innenwand aus unbewehrtem Beton
  • aussteifende Innen- und Außenwand aus unbewehrtem Beton (Zugkeildeckung erforderlich)
  • Betonstützen
  • Ausführung unbewehrter Betonwände und -stützen in Leicht- oder Normalbeton

Dabei müssen die Wände übereinanderstehen und dürfen nicht versetzt oder auskragend angeordnet werden (Bilder 2–4).

Lange Wände, die Türöffnungen aufweisen, oder Wände mit Aussparungen können unbewehrt geplant werden, wenn die Öffnungen rahmenartig mit einer Bewehrung eingesäumt werden.

Eine unbewehrte Betonwand gleicht einer klassischen Mauerwerkswand, bei der keine Einspannwinkel in die Decke erfor­derlich sind. Unbewehrte Betonwände weisen sehr hohe Trag­fähigkeiten auf, ähnlich wie bewehrte Betonwände, die im Wohnungsbau meistens nicht erforderlich sind.

3.1 Mindestwandstärken und Betongüten

Unbewehrte Betonwände und -stützen dürfen nach Norm bis zur maximalen Betonfestigkeitsklasse C35/45 und einer minimalen Betonfestigkeitsklasse C12/15 angesetzt werden. Die Grenzschlankheit wird mit max. λ = 86 berechnet, wobei die Mindestdicke für Innenwände = 10 cm für Fertigteile und = 12 cm in Ortbeton beträgt. Bei unbewehrten Außenwänden wird die Mindestwandstärke in Ortbeton mit 14 cm und als Fertigteil mit 12 cm festgelegt.

In puncto Brandschutz bieten unbewehrte Betonwände keine Nachteile gegenüber bewehrten Betonwänden. Für unbewehrte Betonwände dürfen aus brandschutztechnischer Sicht dieselben Mindestdicken wie für bewehrte Betonwände geplant werden. Für unbewehrte Brandwände ist eine Mindestdicke von 20 cm festgelegt.

Beispielweise ist für eine feuerbeständige Anforderung (Gebäudeklasse 5) mit Brandbeanspruchung auf einer Seite eine Mindestdicke bei voller statischer Ausnutzung von 14 cm erforderlich, analog eine Mindestwandstärke von 17 cm bei Brandbeanspruchung auf zwei Seiten.

Der erhöhte Schallschutz ist auch ohne Betonstahl bei Wohnungstrennwänden von 22 cm Stärke gewährleistet. Unbewehrte Betonwände müssen also nicht mit größeren Wandstärken oder einer höheren Betondruckfestigkeit als bewehrte Wände hergestellt werden.

Bild 3 Geschosswohnungsbau mit vier Wohngebäuden am
Wörthsee
Bild 3 Geschosswohnungsbau mit vier Wohngebäuden am Wörthsee
Quelle: Concept Bau

3.2 Risse

Da der Beton eine systemimmanente Bauweise darstellt, wird es nie einen völlig ungerissenen Beton geben, auch wenn das Bauteil bewehrt wird. Grundsätzlich sind Risse bei unbewehrten Betonwänden eher positiv zu bewerten, da weder Stahl vorhanden ist, der Chloriden ausgesetzt werden könnte, noch Bewehrungskorrosion durch Carbonatisierung möglich ist. Es bestehen also keine Anforderungen an die Dauerhaftigkeit, speziell in Tiefgaragen. Unbewehrte Betonstützen und Betonwände in der Tiefgarage müssen bei einem Chlorideintrag nicht saniert werden, falls Risse zum Tragen kommen. Beschichtungen wie auch jährliche Wartungen und spätere Sanierungen entfallen.

Das Einbringen und Verdichten des Betons wird durch den Entfall der Bewehrung erheblich erleichtert und das Oberflächenergebnis der Wandbauteile tendenziell verbessert. Falls dennoch Risse auftreten, kann der Bauherrenschaft als Vorschlag unterbreitet werden, dass die eingesparte Summe an Betonstahl zu einer Summe x im Leistungsvolumen durch Kosmetik wieder zu schließen ist. Damit kann die Risseschließung durch einen kleinen Bruchteil der Einsparungen wieder kompensiert werden. Es verbleibt ein großes monetäres Einsparungspotenzial.

Bild 4 Aktuell geplantes Bauvorhaben Seniorenwohnheim
Altenmarkt
Quelle: Mendler Ingenieur Consult
Bild 4 Aktuell geplantes Bauvorhaben Seniorenwohnheim Altenmarkt Quelle: Mendler Ingenieur Consult

4 Beispiele aus der Praxis, Ausführung

Die Bilder 2, 3, 5 zeigen Beispiele aus der Praxis.

Aktuelle Beispiele in Planung:

  • zwei Mehrfamilienhäuser als tragender Lehm-Hybridbau mit unbewehrtem Betonkeller in Kirchheim bei München
  • Wohnquartier mit ca. 425 WE in Worms in Erdbebenzone 1
  • Wohnanlage mit ca. 130 WE in München
  • Seniorenwohnheim mit ca. 60 WE in Altenmarkt (Bild 4)

5 Beispiele zur Tragfähigkeit

5.1 Unbewehrte Betonwand

Es wird der Vergleich der Tragfähigkeit zwischen einer zentrisch belasteten bewehrten und unbewehrten Betoninnenwand angestellt [3].

d = 20 cm, h = 2,60 m, C25/30

zul. N,k= ca. 2500 kN/m (Q335 beidseits) ≅ 42 Elefanten/m (zulässige Auflast bewehrte Wand)

zul. N,k = ca. 1800 kN/m ≅ 30 Elefanten/m (zulässige Auflast unbewehrte Wand)

Als Ergebnis lässt sich feststellen, dass die hohen zulässigen Lasten im klassischen Hochbau nahezu selten vorkommen (bis Gebäudeklasse 5).

5.2 Unbewehrte Betonstütze

Es wird der Nachweis der Tragfähigkeit einer klassischen unbewehrten Tiefgaragenstütze geführt, mit 60 cm Auflast durch eine Überschüttung, einer Verkehrslast von 5,0 kN/m² und einer Anpralllast durch Pkw von 40/25 kN in beiden Achsrichtungen, wobei Stellplatzbreiten von insgesamt 3 x 2,5 = 7,5 m, Fahrgassenbreite 6,0 m und eine Stellplatztiefe von 5,0 m berücksichtigt wurden [3].

b/d = 25/50 cm, h = 2,5 m, C35/45

vorh. F,= 1110 kN ≅ 19 Elefanten (vorhandene Auflast)

zul. F,= 1305 kN ≅ 22 Elefanten (zulässige Auflast unbewehrte Stütze)

Die Ausnutzung im Grenzzustand der Tragfähigkeit beträgt 85 % und zeigt, dass bei klassischen Tiefgaragenabmessungen nahezu die meisten TG-Stützen unbewehrt nachgewiesen werden können.

BauteilArbeitszeiteinsparungKosteneinsparung ArbeitszeitKosteneinsparung ­BewehrungKosteneinsparung ­Bewehrung + Arbeitszeit
Stahlbetoninnen-
und -außenwand
ca. 1,28–1,65 h/m³
Beton
ca. 22–28 Euro/m³
Beton
ca. 153–198 Euro/m³
Beton
ca. 175–226 Euro/m³
Beton
Stahlbeton­außenwand in WUca. 2,1–2,63 h/m³
Beton
ca. 36–45 Euro/m³
Beton
ca. 252–315 Euro/m³
Beton
ca. 288–360 Euro/m³
Beton
Stahlbeton­innenwand in TGca. 1,65–1,88 h/m³
Beton
ca. 28–32 Euro/m³
Beton
ca. 198–225 Euro/m³
Beton
ca. 226–257 Euro/m³
Beton
Wandartiger Trägerca. 1,8–2,4 h/m³
Beton
ca. 31–41 Euro/m³
Beton
ca. 216–288 Euro/m³
Beton
ca. 247–329 Euro/m³
Beton
Stahlbetonstützenca. 4,5–6,0 h/m³
Beton
ca. 77–102 Euro/m³
Beton
ca. 540–720 Euro/m³
Beton
ca. 617–822 Euro/m³ Beton
(Stahlpreis aktuell ca. 1800 Euro/t mit Einbau; Arbeitsaufwand Eisenflechten ca. 15 h/t; Stundenlohn Eisenflechter ca. 17 Euro/h)
Tab. 1 Kosten- und Arbeitszeiteinsparung von unbewehrten Betonwänden und -stützen

Bauteil Bewehrungsgehalt CO₂-Einsparung Bewehrung Anteil Bewehrung Summe CO₂-Äq.
(Beton + Bewehrung)
Stahlbetoninnen-
und -außenwand
ca. 85–110 kg/m³
Beton
ca. 58–75 kg CO₂/m³
Beton
24–29 % 241–258 kg CO₂/m³
Beton
Stahlbetonaußenwand
in WU
ca. 140–175 kg/m³
Beton
ca. 96–120 kg CO₂/m³
Beto
n
34–40 % 279–303 kg CO₂/m³
Beton
Stahlbetoninnenwand
in TG
ca. 110–125 kg/m³
Beton
ca. 75–85 kg CO₂/m³
Beton
29–32 % 258–268 kg CO₂/m³
Beton
Wandartiger Träger ca. 120–160 kg/m³
Beton
ca. 82–110 kg CO₂/m³
Beton
31–38 % 265–293 kg CO₂/m³
Beton
Stahlbetonstützen ca. 300–400 kg/m³
Beton
ca. 205–273 kg CO₂/m³
Beton
53–60 % 388–456 kg CO₂/m³
Beton
(globales Erwärmungspotenzial (GWP) aus ÖKOBAUDAT in kg CO₂-Äq.; Beton C20/25 mit 183 kg CO₂/m³ (A1–A5); Betonstahl mit 683 kg CO₂/t (A1–A3))
Tab. 2 Bewehrungs- und CO₂-Gehalte in Stahlbetonwänden und -stützen

6 Einsparung an Betonstahl, Kosten und Arbeitszeit

Wenn auf der Baustelle kein Betonstahl einzubauen ist, führt das einerseits zu einem schnelleren Bauablauf und andererseits zu einer enormen Personal- und Materialkosteneinsparung. Da die Einsparung abhängig ist von der Bauweise (MW/Beton bzw. Beton/Beton), der Anzahl der Wohneinheiten, der Art der Gebäue (MFH, Wohnanlage, Hochhaus) etc., lässt sich am besten eine bauteilbezogene Einsparung darstellen. In Tab. 1 werden Kosten- und Zeiteinsparung den Betonwänden und -stützen gegenübergestellt.

7 CO₂-Einsparung

Aus den Tab. 3, 4 lässt sich schnell eine Abschätzung der komplett geplanten Betoninnen- und -außenwandflächen im Geschosswohnungsbau ablesen – in Abhängigkeit von einer rein betonierten oder gemischt gebauten Wohnanlage.

In Tab. 2 ist die CO₂-Einsparung einer unbewehrten Betonwand und -stütze abhängig vom Bauteil und dessen Bewehrungsgehalt dargestellt (Einsparung Betonstahl). Hier sind bei einer unbewehrten Betonwandausführung CO₂-Einsparungen zwischen 24 % und 40 % möglich. Bei Stützen liegt das CO₂-Einsparpotenzial zwar höher, es fällt aber aufgrund des gering verbauten Betonvolumens hier nicht ins Gewicht.

8 Planervorbehalte

Die immer wiederkehrende Gretchenfrage, warum die unbewehrte Betonwandbauweise, die seit fast 70 Jahren in der Norm geregelt ist, in Deutschland kaum Anwendung findet, fällt vielfältig aus. Grundsätzlich wurde diese einfache Bauweise nie oder sehr stiefmütterlich an den Universitäten gelehrt, da in vier bis fünf Semestern die Zeit für vermeintliche Randthemen ohnehin zu knapp bemessen ist.

Im Folgenden die statistisch häufigsten Antworten, warum die Bauweise keine Anwendung findet:

  • Das haben wir noch nie geplant und hier bestehen keine Langzeiterfahrungswerte.
  • Dazu müsste ich neue Statikprogramme kaufen.
  • Unbewehrte Betonwände weisen mehr Risse im Bauteil auf.
  • Ich habe Angst, dass die Tragfähigkeit nicht ausreicht.
  • Diese Bauweise akzeptiert doch kein Prüfingenieur.

Man erkennt die dahinter verborgenen Ängste, eine einfache Bauweise anzuwenden. Die mangelnde Anwendung in Deutschland ist eher ein psychologisches Erfahrungsproblem und weniger auf Unwissenheit beruhend.

  • Grundsätzlich lassen sich viele Wände und Stützen unbewehrt ausführen, wenn man die Randbedingungen, Anforderungen und Nachweisformate gemäß Eurocode 2 einhält.
  • Wände, die man mauern kann, sind erst recht unbewehrt ausführbar, da die Tragfähigkeit um bis das Neunfache zu Mauerwerk ansteigt.
  • Alle Prüfsachverständigen für Standsicherheit akzeptieren die Nachweisformate im Eurocode 2, da sie die allgemein anerkannten Regeln der Technik widerspiegeln.
  • Es ist nicht erforderlich, neue Statikprogramme zu kaufen, denn die zulässige Auflast einer unbewehrten Betonwand entspricht der Multiplikation der Betonfestigkeit, der Fläche der Wand und dem Abminderungsbeiwert für Knicken.
  • Langzeiterfahrungen zeigen, dass eine unbewehrte Betonwand nicht mehr Risse als eine bewehrte Wand aufweist.

Bauteil Betonwandfläche/Wohneinheit Betonwandfläche/Wohnfläche Betonwandfläche/m³ BRI
Stahlbetoninnen-
und -außenwand
ca. 100–150 m²/WE ca. 1,30–2,2 m²/m² WF ca. 0,20–0,40 m²/m³
Tab. 3 Betonwandflächen Geschosswohnungsbau (reiner Betonbau) für Stahlbetoninnen- und -außenwände

Bauteil Betonwandfläche/Wohneinheit Betonwandfläche/Wohnfläche Betonwandfläche/m³ BRI
Stahlbetoninnen-
und -außenwand
ca. 40–120 m²/WE ca. 0,7–1,5 m²/m² WF ca. 0,10–0,40 m²/m³
Tab. 4 Betonwandflächen im Geschosswohnungsbau (Mauerwerk + Beton) für Stahlbetoninnen- und -außenwände

Durch den Entfall des Betonstahls in unbewehrten Betonwänden lassen sich ca. 30 % an klimaschädlichen Treibhausgasen einsparen (in Bezug auf Stahlbeton). Der schnellere Bauablauf, die Kosteneinsparung, die Ressourcenschonung und die sehr hohe Tragfähigkeit wie auch der Entfall von Beschichtungssystemen in Tiefgaragen sind Vorteile, die auf der Hand liegen und nachweisbar sind. Wenn tragende Wände übereinanderstehen und die Wände keine nennenswerten Biegemomente erhalten, können diese unbewehrt ausgeführt werden, das gilt auch für erddruckberührte Kelleraußenwände. Aus bauordnungsrechtlichen Schallschutz- und Brandschutzanforderungen ergeben sich keine Nachteile gegenüber einer bewehrten Betonwand. Unbewehrte Betonwände müssen nicht mit größeren Wandstärken oder einer höheren Betondruckfestigkeit als bewehrte Wände hergestellt werden. Zudem sind unbewehrte Betonwände und -stützen seit 1955 in der Norm geregelt und bedürfen keiner Zustimmung im Einzelfall. Unbewehrte Betonwände lassen sich gut mit R-Betonen (rezyklierten Beton) bis C30/37 kombinieren, bei denen zwar kein CO₂ eingespart, aber der Beton wieder in den zirkulären Kreislauf und die Materialverwertung zurückgeführt werden kann, ohne eine aufwendige Trennung des Betonstahls.


Literatur

  1. DIN EN 1992-1-1:2011-01 (2011) Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau mit DIN EN 1992-1-1/NA:2013-04. Berlin: Beuth. Ausgabe Januar 2011.
  2. DIN EN 1992-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall mit DIN EN 1992-1-2/NA:2010-12. Berlin: Beuth. Ausgabe Dezember 2010.
  3. Mendler, A. (2023) Leitfaden unbewehrte Betonwände nach E2 [online]. Windach: Mendler Ingenieur Consult. https://mendler-consult.de/wp-content/uploads/2023/03/Leitfaden-unbewehrte-Betonwaende-nach-DIN-1992-1-1.pdf

Autor:in

Dipl.-Ing. (FH) Andreas Mendler
a.mendler@mendler-consult.de
Mendler Ingenieur Consult, Windach

www.mendler-consult.de

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